Artillery Sidewinder X1 3D-Drucker (Tolles Gesamtpaket + Direct Extruder)
Vielleicht geht es euch ja so wie mir: Inzwischen sind „eigentlich“ fast alle 3D-Drucker aus China mindestens „OK“ – mit ein bisschen Tuning bekommt es fast jeder 3D-Drucker hin, gute Resultate zu erzielen. Jeder Hersteller guckt fleißig links und rechts ab und so sind die Unterschiede bei neuen 3D-Druckern relativ klein. So möchte ich jetzt nur noch über wirkliche „Perlen“ schreiben. Der Artillery Sidewinder X1 kratzt an dem „sehr gut“, ist ein richtig guter 3D-Drucker, zeigt allerdings in meinem 4-monatigen Test kleine Schwächen. Nehmt euch 10 Minuten und ab geht’s: Der Artillery Sidewinder X1 Test startet.
- Artillery Sidewinder X1 3D-Drucker
- bei AliExpress für 521,97€ (EU-Lager) | TomTop für 209,99€ – aktuell ausverkauft (DE-Lager) | Banggood für 267,58€ – aktuell Ausverkauft (BG850cf2 EU-Lager)
- zu 95% vormontiert. Aufbauzeit: ~20 Minuten
- Druckraum: 300 x 300 x 400 mm
- Extras:
- Zwei Z-Achsen, Filament- & Powerloss-Sensor, 220V Heizbett
- Touchscreen (farbig), Direct Drive Extruder, leise Stepper-Treiber
Ließt man nur die Fakten, lassen sich schon eine Meeenge Extras herauslesen. Die meisten davon haben wir schon einzeln in diversen China-Druckern gesehen, doch in der Gesamtheit ist das schon beeindruckend. Von induktiven Endstops bis zu einem Direct Drive Extruder (eher selten) ist alles dabei. Nur ein Sensor für das automatische Leveling fehlt. Wie spielen die Komponenten zusammen? Spielt auch die Software – und das ist oft der Haken – mit?
Das Netzteil (Sanlan S-200-24: 8,5A bei 24V) und Mainboard verschwindet schön in der Basis, der Rahmen besteht aus 4040, 4020 und einem ordentlichen 6020 Aluminium-Profil. Rein äußerlich macht der Artillery Sidewinder X1 (bis auf vielleicht beim Namen ;-)) alles richtig. Ein kleiner Hinweis: der Artillery Sidewinder X1 wird auch als EVNOVO Sidewinder X1 verkauft.
Inhalt
Verpackung, Versand & Zubehör
Bestellt bei GearBest, nach 15 Tagen sicher bei uns angekommen – so weit, so unspektakulär. Das Paket ist rein äußerlich unbeschädigt und auch im Inneren …
… sieht es gut aus. Man hat sich beim Artillery Sidewinder X1 sogar Gedanken um die Verpackungsecken gemacht: Diese sind noch einmal durch dicke „Papp-L-Schienen“ geschützt. Wie bei inzwischen fast allen 3D-Druckern aus China wird der Verpackungsinhalt in zwei Schaumstoffebenen verpackt.
Auf der einen Ebene verbirgt sich der Aufbau (Hotend, Z-Achse, etc.) und auf der anderen die Basis (Netzteil, Mainboard, etc).
Was mir beim Auspacken schon richtig gut gefiel: Die kleine Tasche für das Zubehör (siehe weiter unten). Oft fliegt mein Zubehör von anderen 3D-Druckern in Zip-Tüten oder den Kartons herum. Das ist eine Kleinigkeit, die mir zeigt: Hier wurde mitgedacht.
Die Aufbauanleitung ist nicht wirklich nötig, da nur die Filamentrollenhalterung und der Aufbau angeschraubt werden muss. Dennoch: Wer dabei Hilfe braucht, ist auch mit der sehr guten Aufbauanleitung (inkl. dem Kabelverbinden etc.) in etwa 20 Minuten durch. Viel schneller geht es nicht mehr.
Was mir auch gefällt: Die Achsen/Druckkopf wurden nochmals mit Kabelbindern, die Kabel mit ordentlichem Klebeband, fixiert. So wackelt nichts beim Transport.
Es liegt ein EU-Kaltgerätestromkabel bei, wer allerdings mit der US-Version mehr als 5€ beim Kauf sparen kann, nimmt diese und kauft sich beim „Elektroladen um die Ecke“ das EU-Kabel selbst.
Der Artillery Sidewinder X1 kommt nach meinem Erst-, Zweit- und Dritteindruck direkt in die TOP5 – er macht alles richtig. Ob dieser durchweg positive Eindruck jedoch auch beim näheren Hinschauen und Drucken bleibt? Ich habe da, aus der Erfahrung heraus, so meine Zweifel.
Artillery Sidewinder X1 Qualität & Komponenten
Der Artillery Sidewinder X1 setzt, im Gegensatz zu den meisten anderen 3D-Druckern aus China, auf induktive Endstops. Lediglich TEVO verwendet auch regelmäßig induktive Endstops – wenig überraschend, da man munkelt, dass einige TEVO-Mitarbeiter beim Bau des Sidewinder X1 involviert waren ;-).
Die induktiven Endstops sollen genauer sein, als ihre mechanischen Pendants. Mir ist dies jetzt bisher allerdings weder positiv noch negativ aufgefallen. Letztlich käme der Vorteil auch nur richtig bei der Z-Achse zum Tragen. Leider sind die Endstops fix in an den Aluprofilen befestigt, sodass eine nachträgliche Justierung mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist.
Ein wirkliches Highlight ist der Direct Extruder. Der Titan Clone Feeder führt direkt zum Volcano Clone Hotend. Zwei Clones, die, das wird sich später zeigen, ihren Job gut machen. Für meinen Geschmack hätte man noch ein bisschen mehr Metall (trotz Mehrgewicht) verwenden können.
Die 24V-Lüfter sind schön leise. Was ich ebenfalls interessant finde sind die Platinen/Boards, die, im Zusammenspiel mit den Flachbandkabeln, für ein sehr aufgeräumtes Kabelmanagement sorgen. Bei den Achsen, die nicht so oft in Bewegung sind, finde ich es relativ elegant gelöst, bei der X-Achse ist das allerdings „problematisch“.
Hier wird das Flachbandkabel ebenfalls nur eingesteckt. Laut einigen Nutzern führt das wohl zu Problemen, welche ich jedoch in vier Monaten nicht erlebt habe. Allerdings löst sich das Klebeband, welches das Kabel fixieren soll. Hier hilft inzwischen das gute alte Tesa, welches einmal um die Achse gewickelt wurde, aus.
Die Abdeckung (welche in der aktuellen Revision jetzt ein Spritzgussteil ist) sorgt für ein stimmigen Eindruck, erschwert aber das Modifizieren. Ebenfalls wurden in der vierten Auflage die Kabel etwas verlängert und es gibt neben dem Display einen Resetknopf, welcher bei mir allerdings noch nie zum Einsatz kam.
Man merkt also: Der SWX1 wird nicht nur auf den Markt „geworfen“, sondern es fließen kontinuierlich Verbesserungen ein. So hoffe ich eben noch auf eine etwas „robustere“ Lösung im Umgang mit den Kabeln.
Der Sidewinder X1 verfügt über zwei Z-Stepper, sodass die X-Achse nicht „durchhängt“ bzw. ab einer gewissen Höhe schrägt „hängt“. Dies ist bei größeren Druckräumen, noch so gut festgezogenen Exzentern aber einer gewissen Druckhöhe leider sonst oft der Fall.
Zusätzlich sind beide Z-Achsen-Spindeln noch mit einem (lockeren bzw. nicht anpassbaren) GT2-Zahnriemen verbunden, der ein synchrones Auf- und Abfahren ermöglichen soll. Diese Umsetzung habe ich bisher erst bei 2-3 anderen 3D-Druckern gesehen – ob es wirklich was bringt?
Eine weitere „Kleinigkeit“ auf die man beim Artillery Sidewinder X1 wohl recht stolz ist, sind die Halterungen der Spindelmuttern der X-Achse. Diese sind nicht mehr fest angeschraubt (wie bei 95% der anderen 3D-Druckern), sondern nur eingelegt.
Sagen wir es so: Da die Drucke bisher alle richtig gut aussahen, macht diese Lösung ihren Job zumindest nicht schlecht. Bei den anderen China 3D-Druckern musste man nämlich bisher aufpassen: Die 2-4 Schrauben durften niemals(!) festgezogen werden – die Z-Spindel(n) brauchte immer ein bisschen Spiel. Das führte bei Transporten dann jedoch oft zu verlorenen Schrauben ;-).
Ein Blick ins Innere erfreut auch: Die Kabel wurden ordentlich fixiert, es gibt Kabelschuhe – man hätte sogar etwas weniger Heißkleber verwenden können.
Im weiteren Verlauf gehe ich auch noch genauer auf das Board/Steppertreiber ein. Insgesamt bekommt der Artillery Sidewinder X1 hier mit einer „gut“ weg. Das Kabelmanagement sieht schön aus, ist nett gemeint … aber da geht mehr. Der Rest ist top (in der Preisliga).
Die ersten 3D-Drucke
Das Aufheizen des Heizbetts ist in einer Rekordzeit erledigt. In knapp 30 Sekunden, in Worten dreißig(!), ist der gut isolierte Druckuntergrund, dank der 220V, auf 60 Grad erwärmt. Der Hersteller meint sogar, dass 110 °C in 130 Sekunden möglich sind. Dank der unten angebrachten Isolierung wird die Temperatur, laut Octoprint, auch relativ konstant gehalten. Ich habe zumindest testweise mal auf 100 Grad erhitzt – ohne Probleme. Damit lassen sich die meisten Filamente zuverlässig drucken.
Nach dem ersten Heizen kommt das Leveln. Moment mal! Der Sidewinder X1 hat so viele Features, wird von mir gerade so gehyped, hat aber keinen Autolevel-Sensor? Absolut richtig. Ich habe mich bisher ja schon immer kritisch zu den Autolevel-Features geäußert: Zu oft war der BLTouch Mist oder ein Fake oder es hat in der Bedienung gehapert (Bett zu schief eingebaut, Z-Offset falsch, etc). Ich will lieber ein ordentliches Heizbett und ein vernünftige Endschalter. Einmal ordentlich gelevelt verzieht sich da so schnell nichts mehr. Ich musste den SX1 in vier Monaten nur ein weiteres Mal leveln.
Besonders gefällt mir die Lautstärke bzw. die kaum vorhandene Geräuschkulisse. Mit 52-58 dB gehört der Artillery Sidewinder X1 zu den leisesten 3D-Druckern (direkt aus China) die ich bisher getestet habe.
Die gesteckten (Noname-)Treiber, aber auch der große 24V-Lüfter leisten saubere Arbeit. Zu oft hatte ich in letzter Zeit 3D-Drucker, die zwar Stepper-Treiber für einen leisen Betrieb verbaut hatten, dann aber die billigsten der billigen Lüfter verbaut haben und somit dann doch wieder recht laut waren. Die lautesten Komponenten am X1 ist tatsächlich nur der X- und Extruder-Stepper – bei sehr schnellen Bewegungen. Den Artillery Sidewinder X1 lasse ich auch mal neben mir im Zimmer laufen!
Auf dem ersten Blick verdient die Filamentrollenhalterung einen dicken Pluspunkt. Die Rolle wird schön leichtläufig auf Rädern gelagert – muss allerdings je nach Breite der Filamentrollen angepasst werden. Zudem bekommen wir ein Problem mit dem Gewicht. So hoch montiert, schwingt dies, insbesondere bei höheren Drucken mit. Ein Dilemma, denn das Filament muss ja von oben in den Direct Drive Extruder befördert werden.
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, würde ich langfristig die Halterung extern über dem 3D-Drucker (Regal o.ä.) montieren und zusätzlich Querstreben, wie beim Creality3D CR-10 V2, verbauen.
Aber kommen wir doch mal zu den Druckergebnissen. Und die sind out of the box gut bis sehr gut. Der auf dem USB-Stick beigelegte Cube, ist zwar „gebrandet“ (nett!), aber nicht so aussagekräftig wie der bekannte XYZ-Cube. Zudem lief das Heizbett mit 80°C :-D. Nun denn: Das Druckergebniss ist dennoch top.
Eine weitere Kleinigkeit die zumindest kurz erwähnt sein soll: Der Druckkopf besitzt an der Unterseite eine RGB-LED. So wird euer Druckobjekt immer schön angeleuchtet (s.u.). Wer den 3D-Drucker später per Webcam bei der Arbeit beobachten will, spart sich so eine externe Beleuchtung.
Aber so viel ist auch klar: Für epische Timelapse-Aufnahmen ist die kleine LED natürlich nicht ausreichend. Sie hilft nur für den schnellen Blick und es sieht eben recht nett aus. Ebenfalls habe ich größere Drucke getestet um zu schauen, wie die Haftung über das komplette Heizbett ist.
Der Filament- und auch der „Powerloss“-Sensor funktionieren einwandfrei, aber: Hier wird, paradoxer Weise, die sehr gute Ultrabase zum Verhängnis. Die Drucke haften bei hohen Temperaturen gut und nach dem Druck springen diese fast von alleine ab. Würde jetzt der Strom wegbrechen, kühlt die Platte ab und mit Pech haftet eurer Objekt nicht mehr ordentlich (ist mir in einem Test passiert). Deswegen gehe ich auf Nummer sicher (okay, Faulheit spielt auch mit rein) und streiche immer eine kleine Schicht Klebestift über das Druckbett (siehe Bilder).
Die Druckergebnisse sind einfach klasse. Dabei habe ich nur etwa 20 Minuten in Cura „herumgetweaked“ – da geht sogar noch mehr. Die bekannte Katze habe ich gerade vor Abschluss des Tests noch schnell gedruckt.
In der wichtigsten Disziplin, der Druckqualität, liefert der SWX1 einfach ab. Out of the box mindestens gut, mit ein bisschen Spielerei „sehr gut“. Nur in großen Höhen fängt der Sidewinder etwas zu schwingen an. D.h. hier sollte man also das Drucktempo reduzieren, oder das Frame nachträglich versteifen.
Fazit: Artillery Sidewinder X1 kaufen?
Falls du jetzt gehofft hast von mir ein einfaches „ja“ oder „nein“ zu lesen … dann muss ich dich leider enttäuschen. Der Artillery Sidewinder X1 ist riiichtig gut, macht verdammt vieles richtig, ist dennoch nicht perfekt. Das merkt man an den meisten Stellen erst im längeren intensiven Gebrauch. Lass mich also erst einmal ausschließen, für wen der 3D-Drucker aus China nichts ist.
350-400€ ist für einen 3D-Drucker jetzt nicht wirklich viel Geld, aber dennoch will eine Ausgabe in der Höhe wohl überlegt sein. Wenn du dir unsicher über dein zukünftiges Hobby bist oder das Geld gerade nicht auf der hohen Kante hast, nimm doch den Creality3D Ender-3. Der Ender-3 ist kleiner, lauter, bietet nicht so viele Extras, aber kostet eben auch nur 145€! Und dafür macht er einen richtig guten Job und hat viele Fans (= viel Hilfe, Mods, Tutorials, etc). Zudem ist das Heizbett kleiner – unter dem Strich spart man also Energie. Dennoch: Der Ender-3 ist einfach eine ganz andere Liga.
Du willst noch bessere Druckresultate? Das wird mit dem FDM-Druckverfahren schwierig. Der Sidewinder X1 ist schon am oberen Ende der Qualität. Falls das immer noch nicht reicht, solltest du zu SLA-3D-Druckern greifen. Hier findest du meinen Ratgeberartikel: FDM vs. SLA. Der Elegoo Mars oder Anycubic Photon S druckt so gut – man erkennt stellenweise die Layer nur noch unter dem Mikroskop. Dafür ist der Druckraum klein und der Umgang mit Resin ist nicht ganz einfach.
Auch der Sidewinder X1 hat seine Problemchen: Die nett gemeinten Flachbandkabel die sich lösen, die nicht ganz optimal genutzte Firmware und die Rahmenschwingungen ab gewissen Höhen. Und dennoch: Für das Geld ist der X1 ein „Nobrainer“. Insbesondere wenn du (später?) mit flexiblem Filamenten drucken willst. Der Sidewinder X1 ist einer der wenigen guten, aktuellen China 3D-Drucker mit einem Direct Drive Extruder, einem ordentlichem Feature-Paket und das zu einem mehr als fairen Preis.
Als wirklich würdige Alternative gibt es meiner Meinung nach aktuell nur den Creality3D CR-10 V2 (der druckt hier auch schon seit zwei Monaten im Test – Bericht folgt!). Dieser kostet allerdings 50-100€ mehr, bietet keinen Direct Drive Extruder, besitzt ein externes Netzteil, ist allerdings (dank der Querstreben) etwas steifer.
Long Story short: Wenn du viel druckst, (vielleicht mal) mit flexiblen Filament drucken und nicht später basteln willst: Nimm den Artillery Sidewinder X1.
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