Unsere Verbesserungsvorschläge zur E-Scooter-Verordnung! [Video Talk]
Diesen Artikel und euer Feedback darauf haben wir zum Anlass genommen, das Thema Elektrokleinstfahrzeuge nochmal aufzugreifen. Yoshi, Thorben und Jens reden in unserem neuen Videoformat über Höchstgeschwindigkeit, persönliche Erfahrungen und mehr.
Ein normaler Morgen im Büro. Die Strecke vom Bahnhof bin ich wie immer gelaufen; einen E-Scooter, den ich mir für diese Strecke gerne zulegen würde, darf ich aktuell in Deutschland nicht fahren. Naja, ändert sich ja hoffentlich bald. Also den Rechner hochgefahren und als erstes die News des Tages gecheckt: Was gibt es neues aus China, was ist los auf der Welt, was ändert sich für Deutschland? „Verkehrssicherheitsrat fordert zahlreiche Hürden für Elektro-Roller“ lese ich im Focus, und verschlucke mich an meinem Kaffee. Na toll. Schöne neue E-Mobilitäts-Welt.
Inhalt
Deutschland hängt beim Thema E-Mobilität hinterher
Viel wurde in den letzten Monaten diskutiert über die neuen E-Scooter, kleine Tretroller mit Elektromotor. Die sogenannten „Last-Mile“-Roller sollen – der Name verrät es schon – vor allem die Fortbewegung auf dem letzten Stück zur Arbeit erleichtern. Im Idealfall sorgt das dafür, dass weniger Menschen Auto fahren. In vielen anderen Ländern sind diese Roller längst Alltag; in Deutschland sind sie bisher auf öffentlichen Wegen verboten. Ändern soll sich das mit der kommenden „Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr“, kurz eKFV. Was da genau drin steht, haben wir hier schon mal für euch zusammengefasst.
Die Verordnung ist leider weit davon entfernt, perfekt zu sein. Im Gegenteil, einzelne Bestandteile gehen komplett an der Realität vorbei. Schon jetzt fahren geschätzt bis zu 250.000 dieser Fahrzeuge auf deutschen Straßen; ein Großteil (wenn nicht alle) davon wären unter der neuen Regelung nach wie vor illegal. Die Besitzer blieben auf den Kosten und einem Stück Elektroschrott sitzen. Dabei sind die Modelle nicht per se unsicher, die Formulierung der eKFV schließt sie nur einfach pauschal aus.
Wir haben uns deshalb mal Gedanken gemacht, wie die Neuregelung unserer Meinung nach aussehen sollte. Alle folgenden Punkte sind die persönliche Meinung einzelner Mitglieder unserer Redaktion. Wie sähe eine „China-Gadgets-E-Scooter-Verordnung“ aus?
Geschwindigkeit – 25 km/h sind okay!
Die Durchschnittsgeschwindigkeit beim Radfahren liegt je nach Fahrer (und nach Quelle, die man befragt) zwischen 10 und 25 km/h. Dabei handelt es sich allerdings um den Durchschnitt, theoretisch ist besonders nach oben noch viel möglich. Radfahrer, die auf einigen Strecken 30 oder sogar 40 km/h erreichen, sind keine Seltenheit. Bergab sind noch ganz andere Zahlen drin. Warum ist ein Scooter, dessen Höchstgeschwindigkeit elektronisch begrenzt ist, nun viel gefährlicher?
Viele der bisherigen Modelle (auch aus China) fahren maximal 25 km/h schnell. Eine Festlegung der Obergrenze auf eben diesen Wert würde diesen Modellen die Teilnahme am Straßenverkehr ermöglichen.
Unser Vorschlag: Die aktuelle Obergrenze von 20 km/h schließt zu viele Modelle aus! Hebt die Grenze auf 25 km/h an.
Beleuchtung und Bremsen müssen sein – aber keine Helmpflicht!
Hier sind die vorgesehenen Bestimmungen richtig. E-Scooter müssen auch morgens, abends und nachts gut sichtbar sein, sowohl für Fußgänger als auch Autofahrer. Und ebenso sind Bremsen unabdingbar. Sicherheit geht vor, und auch unserer Meinung nach sollte es vorne wie hinten Beleuchtung geben und zwei Bremsen. Aber: Ist keine Lampe eingebaut, sollte man die Roller mit abnehmbaren Leuchten ausstatten können, wie man das ja auch bei Fahrrädern schon macht.
Unser Vorschlag: Beleuchtung und Bremsen sind wichtig und dürfen an keinem E-Scooter fehlen.
Eine Helmpflicht hingegen gibt es auch für Radfahrer nicht. Der Sinn von Helmen wurde oft genug bewiesen, trotzdem sollte hier auf die Eigenverantwortung der Fahrer gesetzt werden, zumal man durch das Nicht-Tragen eines Helmes nur sich selbst gefährdet. Einen Helm tragen zu müssen widerspricht außerdem dem Gedanken, mit einem E-Scooter möglichst mobil und flexibel zu sein, da man einfach ein nicht zu verachtendes Gepäckstück mehr mit sich herumtragen muss.
Unsere Vorschlag: Helme bei Fahrrädern und E-Scootern sollten der Eigenverantwortung der Fahrer unterliegen!
Gebt die Fußwege frei, wenn es keine Radwege gibt!
Sicherlich einer der größten Streitpunkte. Fußgänger fürchten um ihre Sicherheit auf den Gehwegen, die sie bereits durch Radfahrer bedroht sehen. Nur: wer heute mit dem Rad auf einem Gehweg rast, verstößt schon jetzt gegen bestehende Vorschriften. Radfahrer, die im Schritttempo fahren und sich Fußgängern anpassen, sind hingegen überhaupt keine Gefahr. Nicht ohne Grund gibt es Wege, die sich Radfahrer und Fußgänger teilen müssen, weil man davon ausgeht, dass beide Seiten eben mitdenken können und müssen.
Es gibt schmale Fußwege, auf denen kaum zwei Personen nebeneinander laufen können. Und es gibt breite Fußwege, auf denen ohne Probleme drei Radfahrer nebeneinander Platz finden und dabei sogar noch entgegenkommende Fahrer vorbeilassen können. Wie schnell man hier jeweils fahren kann, hängt immer auch davon ab, wie viel eben los ist auf dem Bürgersteig. Und Arschlöcher, die mit viel zu hohem Tempo durch Gruppen von Fußgängern rasen, wird es immer geben, ob man das Fahren auf dem Gehweg nun erlaubt oder nicht.
Traut den Verkehrsteilnehmern doch zu, selbst verantwortungsvoll zu fahren, ohne dass zu enge Regeln alles vorgeben und im Endeffekt nur einschränken. Radwege gehören eh ausgebaut, weil sie in vielen Städten lange vernachlässigt wurden – die E-Scooter sind nun ein Grund mehr, das endlich in Angriff zu nehmen. So lange sollte man Fahrern von E-Rollern die Möglichkeit einräumen, den Platz gemeinsam mit Fußgängern in gegenseitiger Rücksichtnahme zu nutzen.
Was ist denn die Alternative? E-Scooter müssen bei fehlendem Radweg auf die Straße ausweichen. Das heißt, ein Fahrzeug kleiner als ein Kinderfahrrad, das je nach Modell vielleicht auch nur 15 km/h schnell fährt, soll sich die Straße, auf der Tempolimit 50 oder auch 70 gilt, mit PKW und LKW teilen. Das kann ja nicht ernsthaft die Lösung sein. Das Fahren auf der Straße sollte möglich sein, aber nicht grundsätzlich zur Pflicht werden.
Unsere Vorschlag: E-Scooter gehören auf die Radwege. Punkt. Gibt es aber keinen Radweg, können sie auf den Bürgersteig ausweichen und dürfen auch in Fußgängerzonen fahren.
Keine Führerscheinpflicht!
Hiervon ist man im letzten Entwurf glücklicherweise abgerückt. 14 Millionen Menschen in Deutschland haben keinen Führerschein. Einerseits gehören dazu Minderjährige und auch ältere Generationen, die von den E-Scootern wohl eh weniger Gebrauch machen würden. Dazu gehören aber auch die Menschen, die in Großstädten vor allem öffentliche Verkehrsmittel nutzen und deshalb nie einen Führerschein gemacht haben. Gerade diese Gruppe würde aber besonders von den Tretrollern profitieren. Wer zur Arbeit 40 Minuten auf der Autobahn fährt, der wird nicht statt dessen die Bahn und einen E-Scooter nehmen.
Die Elektrokleinstfahrzeuge entsprechen außerdem in ihrer Größe und ihrer Geschwindigkeit viel eher einem Fahrrad oder sogar einem einfachen Tretroller als einem Mofa oder gar einem PKW. Es ist einem Erwachsenen zuzutrauen, sie im Straßenverkehr sicher zu führen, wie man das bei Fahrrädern ja auch tut.
Unsere Vorschlag: Dass die Führerscheinpflicht weg fällt ist richtig. Für das „Führen“ eines E-Scooters braucht es keine Prüfung.
Vergesst den Unsinn mit den Riesen-Scootern!
Für mich war ein E-Scooter immer ein einfacher Tretroller mit Akku und Motor. Der Xiaomi M365 ist 108 cm lang und wiegt 12,5 kg. Die nachfolgenden Modelle von Segway sowie andere Roller chinesischer Hersteller sind ähnlich groß und schwer. In der Verordnung steht nun, dass die sogenannten Elektrokleinstfahrzege bis zu zwei Meter lang sein dürfen. Der von BMW Anfang des Jahres vorgestellte X2 City war dann auch gleich 1,50 m lang und wiegt 20 kg – das sind eher die Dimensionen eines Elektrofahrrads als eines Tretrollers. (Der X2 City fällt aber womöglich ohnehin nicht mehr unter die Verordnung.)
Der als der erste eKFV-konform angepriesene Metz Moover ist immerhin auf 117,5 cm gekürzt, wiegt aber auch 16 kg und ist aufgrund größerer 12 Zoll-Reifen zusammengefaltet etwas größer. Beide Roller kosten übrigens 2000€ oder mehr, aber das ist noch mal ein ganz anderes Thema.
Besonders dem Moover tut man hier Unrecht, wenn man ihn als „riesig“ bezeichnet, dennoch hoffe ich, dass wir hier keinen neuen Trend beobachten können. Dass die Roller überhaupt so groß sein dürfen ist meiner Meinung nach schon ein Fehler. Das Maximalgewicht darf bis zu 55(!) kg betragen – hat sich da irgendjemand mal die aktuellen Roller angesehen? Der wirkliche Vorteil der Roller, dass man sie einfach transportieren und verstauen kann und sie auch in der Bahn nicht stören, fällt hier ja komplett weg!
Unser Vorschlag: Möglichst enge Vorgaben bringen erst mal keinen Vorteil. Trotzdem sehen wir nicht ganz, warum ein Elektrokleinstfahrzeug potentiell 55 kg wiegen darf. Lassen wir das mal so stehen und hoffen, dass sich die Vernunft durchsetzen wird.
Mindestalter: 15 Jahre
Die nun kommende Verordnung sieht auch vor, dass bereits 12-jährige E-Scooter fahren dürfen, solange diese maximal 12 km/h fahren. Ab 14 Jahren dürfen dann alle Modelle gefahren werden. Da in unserer Verordnung das Maximaltempo ja nun 25 km/h ist, heben wir das Mindestalter auf 15 Jahre an – wie beim Mofa-Führerschein. Die Ausnahmeregelung für 12-jährige streichen wir, da sie die Verordnung nur verkompliziert und eine Unterscheidung zwischen langsamen und schnellen Scootern nötig macht. Bei maximal 12 km/h fällt außerdem einer der Vorteile der Roller, die Zeitersparnis durch Geschwindigkeit, bereits weg.
Unser Vorschlag: Das Mindestalter für E-Scooter sollte 15 Jahre betragen.
Versicherungspflicht und Kennzeichen – Wirklich nötig?
Elektrokleinstfahrzeuge müssen dem finalen Entwurf nach nicht nur den Vorgaben entsprechen, es muss auch eine eigene Versicherung für die abgeschlossen werden und sie müssen eine entsprechende Plakette bzw. einen Aufkleber tragen. Pedelecs, also Fahrräder mit elektrischer Tretunterstützung bis 25 km/h, müssen das in Deutschland nicht. Wer schon mal auf einem solchen Pedelec (von vielen umgangssprachlich auch als E-Bike bezeichnet) saß, weiß, wie die Dinger abgehen können – viel Kraftaufwand braucht es dabei nicht. Und ja, ein eigenständiger Motor ist noch mal was anderes als nur Tretunterstützung, in der Praxis ist das meiner Erfahrung nach aber ein nur geringer Unterschied. Und noch mal: Wo ist das Verletzungsrisiko wohl höher? Bei einem Pedelec (oder selbst Fahrrad), das mit 25 Sachen in einen Passanten fährt, oder einem E-Scooter?
Mich persönlich stört die Versicherungspflicht nicht mehr so sehr (andere Teile der Verordnung finde ich schlimmer), trotzdem ist es eine weitere Hürde, die Menschen vom kauf eines solchen E-Scooters abhalten wird. Die persönliche Haftpflicht sollte dafür doch eigentlich ausreichen.
Unser Vorschlag: Die Versicherungspflicht gehört mindestens nochmal überdacht. Sollte sie kommen, müssen sowohl der Aufwand als auch die Kosten so gering wie möglich gehalten werden.
Das ist unsere Meinung. Was ist eure?
Dass E-Scooter bald in Deutschland fahren dürfen ist gut, die zugehörige Verordnung aber noch lange nicht perfekt. Die hier aufgezählten Vorschläge sind dabei nur unsere Sichtweise und natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Und selbst bei uns in der Redaktion haben wir diese Punkte hitzig diskutiert und sind nicht in allen Punkten einer Meinung.
Wie steht ihr zu der ganzen Thematik? Wo findet ihr die Verordnung gut, wo geht sie euch zu weit und wo vielleicht nicht weit genug?
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