13€ Speaker bei Amazon: Schrott oder Geheimtipp?
Wer häufiger durch die Amazon-Angebote schaut, findet immer wieder Bluetooth Speaker für gut 10€ im Angebot, je nachdem ob sie gerade reduziert sind. Das ist preislich natürlich eine ziemliche Ansage und zusätzlich sehen die Bewertungen teilweise schon absurd gut aus. Was steckt dahinter und lohnt es sich vielleicht sogar hier zuzuschlagen?
- Bluetooth Speaker
Inhalt
Technische Daten
Modell | Sonkir Speaker | Anker SoundCore 2 |
Empfindlichkeit | 85 db | 113 dB |
Frequenzbereich | 100 Hz – 16 KHz | 70 Hz – 20 KHz |
Impedanz | – | 4 Ohm |
Treiber | 2 x 3 Watt | 2 x 6 Watt |
Konnektivität | Bluetooth 5.0, AUX | Bluetooth 5.0, AUX |
Akkukapazität | 1500 mAh / ~12 Stunden Laufzeit ❌ | 5200 mAh / ~24 Stunden Laufzeit |
Gewicht | 360 Gramm | 414 Gramm |
Maße | 180 x 63 x 43 mm | 168 x 47 x 56 mm |
IP-Schutzklasse | – | IPX7 |
Die erste Überraschung findet sich schon in den technischen Daten: Laut Amazon Beschreibung schafft der Lautsprecher 12 Stunden Laufzeit. In der Bedienungsanleitung werden dann schon nur noch 4 – 6 Stunden versprochen. Das ist auch deutlich realistischer bei einem 1.500 mAh Akku. Um Bushido zu zitieren: Wir müssen unterscheiden zwischen Theorie und Praxis.
Wer steckt dahinter?
Bei so einem günstigen Preis stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, wer den Lautsprecher eigentlich produziert. Unser Testmodell stammt dabei von Sonkir, wie auch die Produktfotos von Amazon beweisen. Dabei ist auf der Oberseite nämlich klar der Schriftzug des Herstellers zu erkennen – aber Moment mal. Wo ist der denn hin?
Dass Produkte aus China nur umgelabelt werden, ist nicht ungewöhnlich. Sich die Arbeit zu sparen und nur die Produktfotos zu retuschieren, ist dabei aber nochmal eine neue Stufe. Am Produkt ändert der Schriftzug allerdings nichts, daher wollen wir uns hier mal gar nicht zu sehr daran stören. Bei der Kopplung wird der Speaker auch nur „SPEAKER5.0“ genannt, womit wir dem Hersteller auch nicht näher kommen.
Als Geschäftsadresse gibt der Händler „HongKong Vafiro Electronics International Co.,Limited“ an, im Lieferumfang findet sich aber keinerlei Information mehr dazu. Die investigative Arbeit scheitert hier also schon, der Aufdruck Made in China ist der einzige Anhaltspunkt, dem man Glauben schenken kann. Aber gerade wir sollten inzwischen wissen, dass Produkte aus China durchaus auch gute Qualität bieten können.
Sonkir scheint hier nicht der einzige Händler zu sein
Ihr habt den Lautsprecher schon bei Amazon gesehen, aber unter einem anderen Namen. Gar nicht so unwahrscheinlich, denn man entkommt dem Speaker kaum noch. Deswegen hier mal eine kleine Auswahl, unter welchen Namen der Speaker bei Amazon zu haben ist.
- ZoeeTree S1 Mini
- Sonkir Bluetooth Speaker
- Aigoss S3 Wireless Bluetooth Lautsprecher
- Aigoss Bluetooth Lautsprecher
- Kolaura Drahtloser tragbarer Lautsprecher
- AOOE K116 Bluetooth Lautsprecher
- Muzili Bluetooth Lautsprecher
Das ist nur eine kleine und unvollständige Auswahl, zeigt aber, wie oft der Speaker im Angebot ist. Außerdem sind das nur die Händler von Amazon. Der Markt ist von diesen Lautsprechern überflutet und auch bei AliExpress, Banggood und allen weiteren China Shops sind sie zu haben. Der Preis liegt dabei zwischen 10-20€, je nachdem welche Gutscheine gerade aktiv sind.
Gibt es verschiedene Varianten, oder wer lügt hier?
Beim Speaker fällt auf, dass es leichte Design-Unterschiede gibt. Auf der Vorderseite findet sich nämlich teilweise ein „ausgebeultes“ Metallnetz und auch die Farben sind anders. Ansonsten sind die Lautsprecher aber absolut baugleich und auch die Bedienung scheint identisch zu sein. Gerade an der doch recht untypischen Rückseite lässt sich das No-Name-Modell identifizieren.
In der Beschreibung werden dann aber schon die ersten Unstimmigkeiten deutlich. Je nach Anbieter wird von 8 – 24 Stunden Akkulaufzeit gesprochen, wobei die Bedienungsanleitung in unserem Fall ja sogar nur 4-6 Stunden verspricht. Jetzt aber zur großen Überraschung. Nach fünf Stunden Laufzeit bei mittlerer Lautstärke, war der Lautsprecher bei uns im Test noch zu 90% geladen. Das würde dann sogar gut der Laufzeit von 24 Stunden entsprechen.
Auch bei der Leistung werden sehr unterschiedliche Angaben gemacht. Der Dual-Treiber wird dabei teilweise mit bis zu 10 Watt beworben, realistisch sind aber 3 Watt. Beim Bluetooth Standard wird (fast immer) BT 5.0 versprochen, was sich leider nicht ganz einfach überprüfen lässt. Im Test gab es gelegentlich kurze Verbindungsabbrüche, ansonsten lief die Verbindung aber gut, selbst bei über 10 Meter Entfernung.
Der Lieferumfang: Überraschend vollständig
Kommen wir zum eigentlichen Test. Die Verpackung kam leicht beschädigt bei uns an, der Lautsprecher mitsamt Zubehör war aber einwandfrei. Da wir den Speaker bei Amazon mit Prime Versand bestellt haben, kam dieser auch sehr schnell an.
In der Verpackung findet sich dann doch überraschend viel Inhalt. Neben dem Lautsprecher ist ein Micro-USB Ladekabel, die Bedienungsleitung und sogar ein AUX-Kabel dabei. Für etwas mehr als 10€ ist das tatsächlich nicht schlecht und die Bedienungsanleitung ist sogar auf Deutsch. Bis hierhin kann man sich wirklich nicht beschweren, lediglich eine CE-Zertifizierung sucht man vergebens.
Zum Speaker: Wie ist die Haptik?
Viel wichtiger als der Lieferumfang ist aber nunmal die Qualität vom Speaker an sich. Mit 360 Gramm ist dieser angenehm leicht und wiegt sogar etwas weniger als der Anker Soundcore 2. Der Lautsprecher riecht auch nicht unangenehm und sieht schlicht aus, zusätzlich finden sich auf der Unterseite noch zwei gummierte Füße.
Das war es dann aber auch an Vorteilen, beim ersten Anfassen fühlt sich der Speaker nämlich leider nicht besonders wertig an. Nicht nur an der Rückseite, sondern sogar auf dem Metallgitter bleiben ziemlich schnell Fingerabdrücke zurück. Wenn man den Lautsprecher schüttelt, hört man aus dem Innenraum ein unangenehmes Klappern. Die Knöpfe an der Oberseite wirken auch sehr wacklig, wobei sie einwandfrei funktionieren.
Schaut man sich das Vorbild, den Anker Soundcore 2 Speaker an, merkt man da schon starke Unterschiede. Die Verarbeitung wirkt viel sauberer und der Rand ist aus angenehm weichem Gummi hergestellt – und kein Hartplastik. Durch die versteckten Eingänge ist dieser zusätzlich IPX7-zertifiziert, während ich den No Name Speaker lieber nicht in die Nähe von Wasser stellen würde. Fairerweise muss man sagen, dass Fingerabdrücke ähnlich stark zu sehen sind.
Bluetooth Lautsprecher mit Radio-Funktion und AUX Eingang
Bei der Konnektivität hat der No-Name-Speaker wirklich alle Geschütze aufgefahren. Neben der Bluetooth-Verbindung könnt ihr auch ein AUX Kabel oder sogar micro-SD Karten bis zu 32 GB nutzen. Zusätzlich gibt es auch noch einen USB-Anschluss, womit ihr Musik direkt von eurem Stick abspielen könnt. Sehr schön ist außerdem, dass das passende AUX-Kabel direkt im Lieferumfang dabei ist.
Mit dem AUX-Kabel kommt auch schon die erste Besonderheit, dieses fungiert nämlich als Antenne für das FM-Radio. Während der klassischen Bluetooth-Verbindung könnt ihr die Radiofunktion daher nicht nutzen. Sobald das Smartphone per AUX-Kabel verbunden ist, könnt ihr dann aussuchen, ob ihr Musik abspielen wollt oder die Radiofunktion nutzt. Tatsächlich läuft das Radio nur über das AUX-Kabel, ihr braucht euer Smartphone also gar nicht anschließen, sondern nur das Kabel.
Sobald ihr in den Radiomodus wechselt, könnt ihr dann einen Sendersuchlauf starten, wobei die Sender gespeichert bleiben. Leider seht ihr keine Frequenzen oder ähnliches und könnt den Sender nur wechseln, indem ihr alle gespeicherten Frequenzen durchprobiert. Dabei hat die Box in unserem Test auch nicht alle verfügbaren Sender gefunden und häufig ein hörbares Rauschen empfangen. Die Radiofunktion ist daher eine nette Idee, in der Praxis aber doch recht umständlich.
Die Bluetooth-Kopplung funktioniert übrigens problemlos und die Reichweite ist sogar besser als gedacht. So ist die Verbindung innerhalb der Wohnung auch auf einige Meter Entfernung und mit Wänden und Türen dazwischen, nicht abgebrochen. Leider gab es nach mehreren Stunden Musikwiedergabe aber einige kurze Aussetzer, insgesamt ist das aber noch in Ordnung. Beim normalen AUX-Anschluss bricht die Verbindung leider etwas häufiger ab, hier ist die Bluetooth-Kopplung angenehmer und flüssiger.
Die Bedienung der Box
Schon beim ersten Blick auf den Lautsprecher fällt auf, dass es keine Tasten zur Regulierung der Lautstärke gibt. Da ich die Bedienungsanleitung natürlich auch nur überflogen habe (wie man das halt so macht), habe ich mich damit auch erstmal abgefunden. Tatsächlich kann man aber auch am Speaker selbst die Lautstärke verändern, da die Tasten hier teilweise doppelt belegt sind.
Die Telefontaste dient zur Kopplung bei Anrufen und ist nur einfach belegt, genauso auch die „M“-Taste, wo ihr zwischen den verschiedenen Modi, Bluetooth, Radio und AUX wechseln könnt. Außerdem könnt ihr den Song anhalten, überspringen, oder auch den letzten Titel auswählen. Die letzten beiden Tasten sind dabei doppelt belegt und auch für die Lautstärke zuständig. Wenn ihr lange auf „letzter Song“ drückt, reduziert ihr die Lautstärke, der „nächster Song“-Button kann genutzt werden, um die Lautstärke zu erhöhen.
No-Name-Lautsprecher bei Amazon: Der Klang
Neben der Haptik ist wohl der Klang das Hauptargument für oder gegen den Kauf. Um einen vernünftigen Vergleich zu bekommen, haben wir uns mit dem Anker Soundcore 2 einen ziemlich baugleichen Speaker geschnappt. Dieser spielt in einer Preisklasse von ca. 30€ mit, kostet also fast drei Mal so viel wie die No-Name-Alternative. Lohnt es sich so viel mehr auszugeben?
Beginnen wir erstmal mit dem Bass. Das Fazit ist dabei schnell gefunden, anders als der Bass selbst. Mit etwas Einbildung kann man sich hier einen Tieftonbereich vorstellen, aber überzeugen wird man damit niemanden. Dabei sind die Anker Soundcore 2 schon wirklich kein Bass-Monster, im Vergleich hört man diesen aber viel besser raus. Noch etwas besser finde ich dabei den Earfun Go Lautsprecher, der für seine kompakte Größe wirklich einen vernünftigen Bass liefert.
Während der Musikwiedergabe ist übrigens ein ganz leichtes Rauschen zu hören, was aber tatsächlich kaum stört und beim Anker Lautsprecher nicht anders ist. Im Mitteltonbereich funktioniert der Speaker zwar, klingt aber auch nicht herausragend. Insgesamt fehlt durch den Bass einfach ein angenehmer Klang und es wirkt alles recht oberflächlich. Auch der versprochene Stereo-Effekt ist nur mit viel gutem Willen herauszuhören. Ihr könnt für besseren Sound zwar zwei Boxen miteinander kombinieren, das wird aber auch keine Wunder bewirken.
Wenn man es etwas überspitzt formulieren möchte, bekommt man hier einen lauteren Handy-Lautsprecher. Immerhin lässt sich bei der Lautstärke keine Kritik äußern, der Speaker kann wirklich laut Musik abspielen. Schön klingt das dann zwar nicht mehr unbedingt, die Nachbarn werden sich aber dafür bestimmt mal bei euch melden.
Natürlich muss man hier den Preis im Hinterkopf behalten, schließlich wird der Speaker für nicht viel mehr als 10€ mit Versand aus Deutschland angeboten. Dass hier kein High-End Modell geliefert werden kann, sollte klar sein. Zumindest den Hauch von einem Bass hätten wir uns trotzdem gewünscht, der versprochene „atemberaubende 3D-HiFi-Bass“ wurde in unserer Box wohl vergessen. Die Frage ist hier eher – wo kommen die (4,3 von 5,0 Sternen) in 380 Rezensionen her?
Fazit: Der Geheimtipp unter den Speakern
Ist er nicht. Wer schon einmal einen Pringles-Lautsprecher hatte, weiß ungefähr wie sich Speaker ohne richtigen Bass anhören. So richtig Spaß kommt da leider nicht auf, aber mal ganz ehrlich, ihr zahlt kaum mehr als 10€! Wer einfach nur einen günstigen Speaker für die Kids, oder Hörer ohne großen Anspruch sucht, kann sich das Modell tatsächlich mal anschauen. In einigen Punkten hat er ja auch durchaus überzeugt, so ist die Akkulaufzeit tatsächlich viel besser als gedacht.
Wenn ihr euch dafür interessiert wo die ganzen Amazon Bewertungen her kommt und wie man gute Amazon Angebote entdeckt, kann ich euch auch noch unseren Ratgeber zu dem Thema ans Herz legen. Schließlich fällt es doch auf, dass alle verlinkten Lautsprecher mindestens 4 von 5 Sternen erreichen.
Ihr bekommt hier also ein ganz klassisches China-Produkt, was mehr verspricht, als es halten kann. Wer für unter 30€ einen sehr guten Bluetooth Speaker sucht, kann sich stattdessen mal den Tribit XSound Go, oder den Earfun Go anschauen. Auf Amazon gibt es ja inzwischen fast nur noch Produkte aus Fernost im Angebot, wobei sich durchaus auch gute Produkte darunter verstecken.
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