Täuschung? Kokoni SOTA – 3D-Drucker der besonderen Art
Die Hinweise verdichten sich, dass es beim hier vorgestellten Kokoni SOTA wohl massive Probleme in der Entwicklung gibt. Dennoch plant der Hersteller die Auslieferung der ersten Geräte für August 2023.
Naomi Wu, in der 3D-Druck-Community bekannt als „Sexy Cyborg“, wollte Ende im März 2023 einen Prototypen testen, den Verantwortliche von Kokoni nicht zum Laufen bringen konnten.
Mit Updates zum Stand der Dinge hält sich der Hersteller zurück. Vom 7-Farben-Multicolorsystem ist bisher nichts zu sehen. Es existiert ein Youtube-Video, das allerdings eher als ein Werbevideo daherkommt. Die darin gezeigten Druckbeispiele sind alles andere als gut.
Wir raten daher wegen erster Täuschungsvermutungen vorerst davon ab, den Kokoni SOTA via Kickstarter vorzubestellen – zumindest bis die ersten Geräte in Umlauf sind.
Kokoni ist ein junger 3D-Druckerhersteller, der nicht kleckern, sondern klotzten will; denn der auf der CES 2023 vorgestellte Kokoni SOTA fährt schwere Spec-Geschütze auf: 600mm/s, 21000mm/s², KI-Fehlererkennung, Instant KI-Modellierung und eine weitere Besonderheit. Überzeugt das oder meint es das Marketing einfach zu gut?
- Kokoni SOTA 3D-Drucker:
- bei Kickstarter ab ~500€ (ohne Einhausung)
- bei Kickstarter ab ~636€
Wir raten vorerst von einer Vorbestellung ab, siehe Update.
Inhalt
Technische Daten: zu gut, um wahr zu sein?
Hersteller | Modell | Kokoni | SOTA |
Drucktechnologie | FDM (Direct Drive) |
Druckgeschwindigkeit | 600mm/s |
Beschleunigungswert | 21000mm/s² |
Bauraum | 200 x 200 x 200 [mm] |
Druckbett | Glas, beheizbar bis 90 Grad |
max. Düsentemperatur | 260 Grad |
Düsendurchmesser | 0,4mm (0,2, 0,6 & 0,8mm optional) |
Konnektivität | USB, Wi-Fi, Bluetooth |
Features |
|
Gesamtmaß | 413 x 413 x 576 mm |
Hersteller: Wer ist Kokoni?
Beim Kokoni SOTA handelt es sich um Kokonis zweiten 3D-Drucker. Das erst 2021 gegründete Hong-Konger Unternehmen hatte bereits im August 2022 den via Kickstarter herausgebrachten „Kokoni“ – einen 3D-Drucker im Mini-Cube-Design herausgebracht. Damals stellte man insbesondere die App als Alleinstellungsmerkmal in den Vordergrund.
Design: rund mit Besonderheit
Der Kokoni SOTA ist anders. Es handelt sich um einen 413 x 413 x 576 mm großen hochwertig wirkenden Metallzylinder mit gewölbter abgedunkelter Schiebetür und einem darunter platzierten Display. Der Bauraum beträgt hier allerdings nur 200 x 200 x 200 mm.
Auf den ersten Blick wirkt er wie eine Art stylischer Vitrinenschrank oder neuartiges Küchengerät. Als „Doppelvitrinenschrank“ geht der SOTA dann durch, wenn man sich das schicke Multicolor-System für insgesamt 7 Farben oder Materialien zusätzlich gönnt. Beide Geräte sollen sich gut in verschiedene Wohnräume einfügen.
Das auf maximal 90 Grad aufheizbare Glasdruckbett des Kokoni SOTA scheint von 2 Z-Spindeln inkl. Linearführungen getragen zu werden. Aber: gedruckt wird nicht AUF dem Druckbett, sondern darunter. Kokoni setzt hier auf ein „Upside-Down-Design“, bei dem genauso wie bei einem Resin-Drucker sozusagen „nach unten“ hin gedruckt wird. Warum?
Features: vollgepackt
Grund für diese ungewöhnliche „DownUnder-Maßnahme“ soll ein geräusch- und vibrationsärmerer, besonders aber schnellerer 3D-Druck sein. Konkret tönt Kokoni hier mit satten 600mm/s bei einem Beschleunigungswert von 21000mm/s², 30dB Lautstärke und Minimalvibrationen dank tiefem Schwerpunkt.
Ich habe dabei aber so einige Fragen. Nur weil der Druckkopf nun umgekehrt nach unten hin in x- und y-Richtung druckt und das Bett nach oben fährt, soll dies viel besser sein? Da es so etwas wie Schwerkraft gibt: Wie verhält es sich mit der Modellhaftung eines nach unten hängenden Modells? Vielleicht können einige Physik-Cracks unter euch hier etwas mehr Licht ins Dunkel bringen.
Jedenfalls erscheint es naheliegend, dass man diese (vermeintlichen) bauartbedingten Vorteile auch in Form eines expliziten Lautstärke- und Vibrationsvergleichs zu Bambu Labs X1 hier und hier betont. Das Feature-Feuerwerk endet hier aber noch nicht.
Die exakte Positionsbestimmung nimmt der Kokoni SOTA mit einer Kombination aus optischem Radar und magnetischen Encodern – vermutlich Hall-Sensoren – vor. Zum Einsatz kommen zudem Closed-Loop-Schrittmotoren, die ein höheres Drehmoment aufweisen, was gerade bei der hohen Druckgeschwindigkeit Vorteile bringen soll. Eine HD-Kamera mit KI-Fehlererkennung soll Spaghetti auf – pardon – unter dem Druckbett vermeiden.
App: Photogrammetrie?
Natürlich kommt der per USB, Wi-Fi und Bluetooth angebundene Kokoni SOTA auch mit einer App daher, auf die Kokoni schon beim ersten 3D-Drucker stolz war und ist. Denn neben einer Datenbank mit druckbaren Modellen ist dort nämlich die KI 3D-Modellierung zu finden: Damit ist eine 3D-Personen- und Objektmodellierung gemeint.
Diese Funktion erinnert allerdings weniger an KI, sondern mehr an die durch Programme wie 3DF-Zephyr bekannte Photogrammmetrie: mit mehreren Fotos eines Objekts aus verschiedenen Perspektiven lässt sich dabei letztlich ein 3D-Objekt erzeugen.
Marketing: pompös
Sprechen wir über die Features des Kokoni SOTA, müssen wir an dieser Stelle auch einmal über das Marketing sprechen. Das beginnt schon mit dem Global Launch im Kontext der CES 2023, bei dem der CEO von einer Revolution im 3D-Druck spricht. Revolutionär mutet auch das vor einem Monat erschienene Produktvideo an. Dafür fährt Kokoni für einen 3D-Drucker nämlich ziemlich großes Kino mit steigenden Raketen, Dinosauriern und leuchtenden Schmetterlingen auf.
Das Video offenbart aber weder einen realen Einblick in puncto Druckgeschwindigkeit noch insbesondere Druckqualität. Alle dort und auch sonst überall gezeigten Modelle sind FDM-untypisch superglatt und bereits bemalt. Neuerdings ist ein Geschwindigkeitsvergleich zwischen 100mm/s und 300mm/s zu sehen. Real in Aktion sieht man den Kokoni SOTA nur ganz kurz hier:
Einschätzung: große Fallhöhe
„Je größer die Erwartungen, umso höher die Fallhöhe bei Enttäuschung“. Das kommt mir beim Kokoni SOTA in den Sinn. Auf den ersten Blick war ich natürlich geflasht – dazu tut gerade das schöne Produktvideo sein Übriges. 600mm/s, 30dB, KI-Drucküberwachung und 7-Farben-Druck? Klingt nach eierlegender Wollmilchsau – gerade wenn man noch die 3D-Modellierungsmöglichkeiten via App mit einbezieht.
Aber bei genauerer Betrachtung ergeben sich für mich viele offene Fragen. Diese Skepsis steigt dabei von Präsentation zu Präsentation, in der Kokoni mit Superlativen für den Kokoni SOTA wirbt: Was meint ihr zum Kokoni SOTA? Welche Vorteile gibt es beim Upside-Down-FDM-Druck?
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