Wer kauft eigentlich 1000€ Handheld-Konsolen?
Na, wer erinnert sich noch, Anfang der Neunziger mit dem Gameboy während der Autofahrt – meist auf dem Rücksitz – oder Abends bei viel zu schlechter Beleuchtung Tetris und Super Mario Land zu zocken? Jahre später dann erschien die PSP, mit der Sony in den Markt einstieg, und wurde ein Erfolg, ehe Nintendo mit dem Siegeszug des Nintendo DS und später der Switch die Krone endgültig zurückeroberte. Sogenannte Handheld-Konsolen haben eine große Entwicklung durchgemacht und stärkere Hardware ermöglicht heute ein Spieleerlebnis, das vor Jahren nicht mal auf dem großen Fernsehbildschirm möglich gewesen wäre.
Was viele, die sich nicht näher damit beschäftigen, vielleicht gar nicht so auf dem Schirm haben, ist, dass es neben den „großen“ Namen in der Branche auch viele andere Hersteller von Handhelds gibt, die sich dank Linux- und Android-basierten Betriebssystem vor allem auf die Emulation älterer Titel spezialisieren. Darüber hinaus gibt es mittlerweile Geräte, die die PC-Spieler abholen sollen und mit Windows-Betriebssystem und besonders starker Hardware klassische PC-Titel auf ein portables Endgerät bringen. Am bekanntesten ist hier sicherlich das Steam Deck von Valve, wobei das mit dem eigenen SteamOS wieder auf Linux setzt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Der Markt für Handheld-Konsolen wächst auch abseits der großen Konsolenhersteller und es gibt heute Modelle in jeder Größe und Preisklasse, angefangen bei Gameboy-Emulation auf einem 30€-Gerät bis hin zu Modellen, die faktisch Mini-PCs im Handheld-Format sind und weit über 1000€ kosten können. Wir behandeln das Thema hier auch immer wieder auf der Webseite; seltener mit Testberichten, aber wir möchten zumindest einen Überblick über Entwicklungen und Neuveröffentlichungen behalten.
Was ich selbst als leidenschaftlicher Gamer dabei nicht verstehe: Wozu braucht man einen 1000€ teuren Gaming-PC für unterwegs?
Mobile Gaming gehört die Zukunft? Vielleicht
Bevor ich mich jetzt (mal wieder) ausgiebig über zu hohe Preise bei bestimmten Technikprodukten auslassen, nehme ich mal direkt ein paar Gegenargumente vorweg. Ja, moderne Hardware gerade in immer kleineren Formaten ist nicht billig. Dass ein Handheld, der die Unreal 5 Engine in High-End-Grafik widergeben kann, keine 100€ kosten kann, ist mir auch klar. Und ebenso klar ist: Jeder kann sein Geld ausgeben, wofür er möchte. Ich habe mein Geld schon für ganz andere fragwürdige Dinge ausgegeben, als dass ich mich über jemand mokieren könnte oder wollte, der sich einen Handheld für 1000€ kauft.
Und Handhelds an sich finde ich großartig. Einerseits ist da das Spielen „unterwegs“. (Nicht umsonst boomt auch der Mobile Gaming Markt für Smartphones.) Ich habe mir schon öfters die Zeit im Flugzeug mit meiner Switch vertrieben. Die kleinen Retro-Handhelds, die wir hier regelmäßig ausprobieren, spiele ich oft in der Bahn auf dem Weg ins Büro, da auch mal für nur 15 Minuten. In der Regel sind das Konsolen, die maximal 250€ kosten – was ich bereits als viel empfinde, oft sind es auch 100€ oder deutlich weniger.
Ich fühle aber eher Verwunderung und Ratlosigkeit, wenn mal wieder eine neue Konsole von Ayaneo, GDP, ROG oder wie sie alle heißen angekündigt wird, deren Preis bei 800€ und mehr liegt. Denn nach der anfänglichen Begeisterung für das Konzept, die ich auch teile, stellt sich irgendwann Ernüchterung ein angesichts der Frage: Brauche und vor allem will ich das wirklich?
Grafik ist nicht alles – aber Atmosphäre
Einer der Hauptgründe, warum Spiele besonders hohe Anforderungen an die Hardware stellen, ist, dass sie einfach verdammt gut aussehen. Da bezahlt man gerne für eine teure Grafikkarte und großen Fernseher. Die tolle Grafik wirkt aber deutlich weniger schön, wenn sie auf einem kleinen Endgerät angesehen wird. Will ich denn Cyberpunk 2077 oder Hogwarts Legacy nicht lieber auf einem 50-Zoll-Fernseher oder zumindest einem 23-Zoll-Computermonitor anschauen als auf einem 8-Zoll-Handheld?
Im weiteren Sinne gilt das auch für den Sound, die Steuerung und die Spielatmosphäre insgesamt. Bei allem nehme ich durch die kleinere Hardware zwangsläufig Einschränkungen in Kauf. Gut, das hat uns bei Tetris damals auch nicht gestört. Aber jedes Spiel, das 1000€-Hardware voraussetzt um auf einem Handheld gespielt zu werden, verliert auf dem Handheld das, was es eigentlich ausmacht. Alles, was auch auf einem Handheld wunderbar gespielt werden kann, braucht wiederum keine so teure Konsole.
Als ich mir 2017 die Switch explizit für Breath of the Wild zugelegt habe, war ich zunächst ziemlich angetan von der Idee, potentiell auch im Handheld-Modus spielen zu können. Wie oft habe ich das für BotW am Ende wirklich gemacht? Genau einmal. Solange ich zu Hause war, gab es einfach keinen Grund, nicht auf dem Fernseher zu spielen, wo das Spiel zehnmal besser aussieht. (Und die Switch mit ihrer minimalistischen Hardwareausstattung ist hier nicht mal das beste Beispiel.) Und als ich es dann doch mal versucht habe, unterwegs eine Runde zu spielen, wurde schnell klar: Es ist nicht das Gleiche und die Atmosphäre des Spiels geht zu einem großen Teil verloren, wenn ich in reduzierter Auflösung auf einem 7-Zoll-Screen zocke. Unterwegs dann mal kurz unterhalten zu sein ist es mir einfach nicht wert, dafür soviel des Spiels aufzugeben (zumal es zur kurzweiligen Unterhaltung unterwegs ja genug andere Spiele gibt).
Aber für Phantom Liberty, das ich mit RTX 3080 auf meinem Fernseher oder zumindest 27-Zoll-Monitor und in 4K genießen kann, soll ich dann wieder auf den Mini-Screen wechseln? Oder ausgehend von dem Fall, dass ich all diese Hardware nicht hätte: Sollte ich das Geld für den Highend-Handheld ausgeben, anstatt in einen halbwegs ordentlichen Gaming-PC oder zumindest eine PS 5 oder XBOX zu investieren?
Bei Strategiespielen hört es dann bei mir komplett auf. „Endlich kann ich dank Steam Deck auch unterwegs AoE4 spielen“, las ich so oder so ähnlich erst neulich wieder auf Reddit. Ich kann auch Doom mit Lenkrad und Pedalen spielen – mache ich aber nicht. Sind es all die genannten Einschränkungen bei Grafik und Bedienkomfort wirklich wert, nur um nicht an den Fernseher/Monitor gebunden zu sein?
Ich möchte teure Handhelds verstehen
Ist es müßig, darüber überhaupt zu diskutieren? Ja klar. Wer das Geld übrig hat, der kann darüber, dass 1000€ für sein Gaming-Hobby zu teuer wären, vielleicht nur lachen. Wer überhaupt nicht zockt, schüttelt eh nur den Kopf beim Lesen dieser Zeilen. First World Problems indeed. Vielleicht sind diese Konsolen auch einfach das: Eine Möglichkeit für Leute mit viel zu viel Geld, das irgendwie noch für ihr Hobby auszugeben, wofür mir das Verständnis dann anscheinend einfach abgeht. Ist ja nicht so, dass das Hobby nicht so schon teuer genug sein kann.
Vielleicht ein etwas seltsamer Rant diesmal. Während ich bei Saugrobotern wirklich überzeugt bin, dass man 1000€ nicht ausgeben muss (sorry Fabian), ist es bei den Handhelds eher Unverständnis. Zahlt man einfach für den Comfort und die Flexibilität, halt eben auch „mal“ im Bett zu spielen und ansonsten eben per Dock am Fernseher? Läuft sowieso alles nur noch per Cloud-Streaming und ich habe einfach den Trend verpasst? Gibt es Gamer, die sogar lieber auf dem Handheld als auf dem Fernseher spielen? Ich bin gespannt, Meinungen dazu in den Kommentaren zu lesen.
Ich liebe mobiles Gaming und würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte nicht schon über ein Steam Deck nachgedacht. Warum ich es bisher doch nicht gekauft habe? Weil ich es auch schon im Schrank verstauben sehe und den Kauf am Ende bereue. Unterwegs spiele ich am Handy oder einen SNES-Emulator – für die wirklich großen Titel steht zu Hause mein PC.
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