Meinung

Dumbphones und Featurephones im Trend – Warum wollen immer mehr Menschen zurück in die Vergangenheit?

Immer erreichbar, immer ein Benachrichtigung auf dem Smartphone, die angeschaut werden will: In einer Welt, die zunehmend von Technologie und ständiger Konnektivität dominiert wird, erleben Dumbphones und Featurephones ein überraschendes Comeback. Diese Geräte, die oft als „Retro-Handys“ bezeichnet werden, unterscheiden sich erheblich von modernen Smartphones. Doch was genau macht sie so besonders und warum liegen sie im Trend? Wir zeigen euch die Unterschiede zwischen den Geräten und werfen einen Blick auf die wissenschaftlichen Hintergründe. Geht die Smartphone-Industrie in Zukunft wieder einen Schritt zurück?

dumbphones featurephones beitragsbild hey google warum werden telefone wieder dumm

Dumbphones und Featurephones: Was sind die Unterschiede zu Smartphones?

Dumbphones und Featurephones sind Mobiltelefone, die im Vergleich zu Smartphones deutlich eingeschränkte Funktionen bieten. Smartphones sind Mini-Computer, die mit einer Vielzahl von Apps, guten Kameras und verschiedenen Sensoren euren Alltag erleichtern wollen. Zwischen den verschiedenen Herstellern tobt schon seit Jahren ein Kampf. Das Motto: Höher, schneller, weiter. Wer kann noch mehr aus den Kameraobjektiven herausholen? Welche KI funktioniert am besten?

Zudem gibt es eine regelrechte Schwemme an Produkten für jeden Geldbeutel. Da kann man schon mal schnell den Überblick verlieren. Lieber 50€ mehr ausgeben und dafür ein paar Megapixel mehr für die nächsten Schnappschüsse zur Verfügung haben? Oder reicht doch das günstige Einsteigermodell, was dann bei der Prozessorleistung vielleicht nicht ganz überzeugen kann?

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Viele Klassiker werden momentan neu aufgelegt, wie zum Beispiel das Nokia 3210, das erstmals 1999 erschien

Dumbphones und Featurephones schlagen den gegenteiligen Weg ein. Sie wollen euch nicht mit vielen, neuen Funktionen ködern. Sie beschränken sich auf die grundlegenden Features eines Telefons: Telefonieren und SMS. Je nach Gerät und Hersteller finden sich dann noch ein paar Zusatzfunktionen. Aber was ist eigentlich genau der Unterschied zwischen Dumbphones und Featurephones?

Dumbphones: Die Minimalisten

Dumbphone bedeutet übersetzt schlicht „dummes Telefon“. Die Geräte zeichnen sich durch ihre Minimalität aus. Sie bieten lediglich die Grundfunktionen, oft ohne Kamera, Internetzugang oder App-Store. Die Benutzeroberfläche ist simpel, die Batterielaufzeit kann mehrere Tage oder sogar Wochen betragen, und sie sind meist sehr robust.

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Eigentlich nur ein Marketing-Gag: Das Boring Phone von Heineken

Für Aufsehen sorgte Bierhersteller Heineken mit seinem Boring Phone. Das Telefon wirbt explizit mit dem Slogan „Jetzt ohne Social Media“. Wir bekommen ein einfaches Klapphandy geboten, dass telefonieren und SMS verschicken kann. Das Handy wird als Marketing-Gag nur in limitierter Stückzahl von 5000 Einheiten angeboten. Der Hersteller will hiermit auf darauf aufmerksam machen, dass sich immer mehr Menschen zu wenig mit ihrer Umwelt beschäftigen, weil sie vom Smartphone abgelenkt werden. Hat der Hersteller hier einen Nerv getroffen?

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Das Nokia 105 ist mit rund 20€ sehr günstig

Ein weiteres Beispiel für ein typisches Dumbphone ist das Nokia 105. Alles ist auf das Grundlegendste reduziert – und sehr günstig. Nur rund 20€ kostet euch das Ticket in eine ablenkungsfreie Welt. Wenn ihr es denn einlösen wollt.

Featurephones: Die Zwischenlösung

Featurephones bieten etwas mehr Funktionen als Dumbphones, bleiben aber weit hinter den Möglichkeiten eines Smartphones zurück. Sie haben oft einfache Kameras, begrenzten Internetzugang und manchmal Zugang zu grundlegenden Apps wie Kalendern und E-Mail-Clients. Sie sind eine Art Zwischenlösung für diejenigen, die etwas mehr als nur Telefonieren und SMS schreiben möchten, aber nicht die volle Funktionalität eines Smartphones benötigen.

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Das Nokia 3210 bietet grundlegende Funktionen

Ein gutes Beispiel ist hier das Nokia 3210, dass ich testen konnte. Zwar bekommt ihr hier eine Kamera, diese löst allerdings nur mit 2 Megapixeln aus. Vor allem für Videos absolut unbrauchbar. Aber ihr könnt mit euren mobilen Daten hier auch über einen vorinstallierten Browser im Internet surfen. Sogar eine Facebook-App ist vorinstalliert. Da die Nutzung über das Tastenfeld und den kleinen Bildschirm jedoch eingeschränkter ist, als auf einem Smartphone, verbringt ihr hier definitiv auch weniger Zeit am Gerät. Es sei denn, ihr spielt Snake. In Nokias Handyspieleklassiker kann man sich schon mal verlieren.

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Das Display des Light Phone 3 kommt lediglich in schwarz/weiß

Das Light Phone 3 schlägt hier noch in eine andere Kerbe. Das Display ist von Haus aus schwarz/weiß, dafür aber mit OLED. Geboten werden grundlegende Funktionen: Telefonieren, SMS schreiben, Musik hören. Auch Kameras sind verbaut: 50 Megapixel auf der Rückseite und 8 Megapixel für die Frontkamera. Um euch die Orientierung zu erleichtern ist sogar ein Navigationssystem integriert. Aber Social Media? Mails? Messenger? Fehlanzeige. Der Preis ist auch ganz schön happig. Über 400€ verlangt der Hersteller für das Gerät.

Warum liegen Dumbphones und Featurephones im Trend?

Digitale Entgiftung und Fokus auf das Wesentliche

Gefühlt sind wir ständig und überall erreichbar, und werden andauernd über unser Smartphone mit Informationen versorgt. Manchen Menschen wird das einfach zu viel. Dumbphones und Featurephones bieten eine Möglichkeit zur digitalen Entgiftung, Digital Detox auf Neudeutsch. Sie ermöglichen es den Nutzern, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, ohne durch ständige Benachrichtigungen abgelenkt zu werden. Der Gedanke dahinter: Nicht immer nur aufs Smartphone starren, auch mal wieder die Welt um sich herum wahrnehmen. Und sich nicht ständig von Benachrichtigungen stressen lassen.

Längere Batterielaufzeit

Ein weiterer großer Vorteil dieser Geräte ist die lange Batterielaufzeit. Im Gegensatz zu Smartphones, die oft täglich aufgeladen werden müssen, halten Dumbphones und Featurephones mehrere Tage oder sogar Wochen ohne Aufladen durch.

uleway seniorenhandy mit ladestation

Robustheit und Einfachheit

Diese Geräte sind oft robuster und einfacher zu bedienen als moderne Smartphones. Sie sind ideal für Menschen, die ein zuverlässiges Gerät benötigen, ohne sich um Software-Updates oder komplizierte Einstellungen kümmern zu müssen. Nicht umsonst galten die „dummen Smartphones“ auch bislang schon immer als gute Handys für Senioren. Hier gibt es auch spezielle Modelle, die beispielsweise größeren Tasten verbaut haben, falls man nicht mehr so gut sehen kann. Ein gutes Beispiel ist hier das Modell von Uleway, das sogar eine Ladestation mit im Lieferumfang hat, um das Gerät einfach wieder mit Strom versorgen zu können.

Aber nicht nur die ältere Generation weiß zu schätzen, dass man nicht jedes Mal einen Herzinfarkt bekommen muss, falls das Smartphone mal wieder runterfällt. Beim Camping auf dem Festival oder Wandern in der Natur können die „einfacheren“ Geräte ebenfalls eine gute Alternative sein. Auch weil man sich nicht ständig darum sorgen muss, sie zu verlieren. 20€ Verlust schmerzen auf jeden Fall weniger als 1000€ Verlust. Überspitzt ausgedrückt. Sind die Geräte also perfekt für die Sparfüchse unter euch?

Kosteneffizient – aber nur teilweise

Dumbphones und Featurephones sind in der Regel deutlich günstiger als Smartphones. Dies macht sie besonders attraktiv für Menschen mit begrenztem Budget oder für diejenigen, die ein Zweitgerät suchen. Die Geräte bekommt ihr meist für weit unter 100€. Das Nokia 105 kostet beispielsweise nur rund 20€. Dass es aber auch anders geht zeigt das Light Phone 3: Hier seid ihr bei über 400€. Die Hersteller heben den Trend erkannt und möchten euch jetzt auch für vermeintlich schlechter ausgestatteten Telefone mehr Geld aus den Taschen ziehen.

Was sagt die Wissenschaft?

Ein Plus für die psychische Gesundheit

Mental Health wird heutzutage immer wichtiger. Studien zeigen, dass die ständige Nutzung von Smartphones mit einem erhöhten Stresslevel, Schlafstörungen und verminderter Aufmerksamkeitsspanne verbunden ist. Auch Krankheiten wie Depressionen können vor allem durch die ständige Präsenz von Social Media ausgelöst werden. Der andauernde Vergleich mit dem Bilderbuchleben anderer Menschen kann zu Minderwertigkeitskomplexen führen. Dumbphones und Featurephones können helfen, diese negativen Effekte zu reduzieren, indem sie die Nutzer von der ständigen Informationsflut entlasten.

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Bild von Pexels auf Pixabay

Bessere Produktivität durch weniger Ablenkung

Wer kennt es nicht? Eine kurze Phase der der Unkonzentriertheit und schon greift man zum Smartphone. Einfach mal eben schauen, was es Neues gibt. Der Social-Media-Feed ist voll: Hier noch ein lustiges Reel, da noch ein spannendes Produkt und zack: Halbe Stunde vorbei. Eine Studie der Universität von Chicago fand heraus, dass bereits die bloße Präsenz eines Smartphones die kognitive Leistung beeinträchtigen kann. Indem man auf einfachere Geräte umsteigt, können Menschen ihre Konzentration und Produktivität verbessern.

dumbphone smartphone ablenkung durch social media
Bild von Robert Cheaib auf Pixabay

Mehr soziale Interaktion

Jeder von uns kennt diese eine Person, die beim gemeinsamen Restaurantbesuch ständig nur am Smartphone hängt. Eine Studie des Pew Research Centers zeigt, dass Menschen, die weniger Zeit mit ihren Smartphones verbringen, oft bessere und tiefere soziale Interaktionen haben. Dumbphones und Featurephones fördern diesen Trend, da sie weniger ablenken und die Nutzer ermutigen, sich mehr auf ihre Umgebung und Mitmenschen zu konzentrieren. Da freuen sich auch die Eltern, wenn ihr das nächste Mal auf Kaffee und Kuchen vorbeischaut.

Was bringt die Zukunft?

Persönliche Meinung: Keine Sorge, ich will hier nicht die Moralkeule schwingen und alle Menschen dazu bekehren zu Featurephones oder Dumbphones zu wechseln. Es ist aber auf jeden Fall spannend sich die aktuelle Entwicklung anzuschauen. Die Frage ist ja: Wie wollen wir in Zukunft Technologie benutzen? Wie sehr soll die Technik den Alltag bestimmen? Geht der Trend vielleicht langsam in die Richtung, dass die Nutzer genervt sind, und merken, dass sie von zu vielen Dopamin-Schüben ihrer Social-Media-Feeds einfach zu viel Zeit verlieren? Oder ist das nur ein Problem einer Randgruppe, was den Otto-Normal-Smartphone-Nutzer überhaupt nicht interessiert?

Auch ich merke, dass ich manchmal genervt bin, wenn ich mal wieder nur kurz was bei Instagram nachschauen wollte, und mich dann plötzlich wieder im Feed verliere. Die App-Designer wissen dank Algorithmen genau, was mich in der App hält. Und je länger ich scrolle, desto mehr Werbung kann mir ausgespielt werden. Aber es liegt ja auch in meiner Hand. Es zwingt mich ja schließlich keiner, diese Apps zu nutzen.

Auch die Smartphone-Hersteller haben den Trend erkannt. Via Bildschirmzeit könnt ihr überprüfen wie lange ihr in welchen Apps aktiv wart. Inzwischen lassen sich auch zeitliche Sperren einrichten. Beispiel TikTok: Die halbe Stunde ist für heute voll – das war´s. In den Einstellungen der Smartphones lässt sich das Display auch auf schwarz/weiß stellen, damit ihr nicht von Signalfarben abgelenkt werdet, die eurem Hirn sagen: „Öffne mich, hier gibt es was Neues!“

Ich bin sehr gespannt in welche Richtung sich der Markt weiterbewegt. Und bleibe beim Smartphone. Auch wenn ich ein wenig zwiegespalten bin. Ich möchte nicht auf den Luxus eines Smartphones verzichten, will es aber bewusster nutzen. Und mein eigenes Verhalten mehr hinterfragen. Möchte ich, wenn mir langweilig ist, einfach ewig durch den Social-Media-Feed scrollen? Oder mal wieder mehr lesen? Oder Sport machen? Es gibt viele Möglichkeiten.

Ein Dumbphone kann ich mir aber inzwischen gut als Zweitgerät vorstellen. Was ist eure Meinung?

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Fred

Ganz schön smart: Alles was mit Uhren und Handys zu tun hat, fällt in mein Revier. Und Gadgets natürlich. Gadgets gehen immer!

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Kommentare (10)

  • Profilbild von llllll
    # 30.06.24 um 19:36

    llllll

    einfach das Internet beim Smartphone deaktivieren, schon hat man ein Feature Phone.
    Aber alleine schon, dass das die meisten keine 1-2 Tage aushalten, zeigt wie geschädigt wir schon sind und das man so eine "Pause" regelmäßig integrieren sollte.

    • Profilbild von Mitschi01
      # 30.06.24 um 19:58

      Mitschi01

      Da gebe ich Ihnen recht und wahrscheinlich gab es, bis die Smartphones ihren Siegeszug antraten, auch weniger psychisch kranke Menschen.

    • Profilbild von Fred
      # 01.07.24 um 12:49

      Fred CG-Team

      Stimmt, kann man alles auch auf dem Smartphone einstellen. Die Frage ist nur: Nutzen wir das dann auch? Beim Featurephone haben wir nicht die Möglichkeit wieder alles auf den vollen Funktionsumfang zu stellen – kommen also auch gar nicht erst in Versuchung.

  • Profilbild von kakue
    # 01.07.24 um 00:49

    kakue

    eigentlich sind smartwatches mit eSim eine guter Weg hin zum Digital Detox.
    Man ist nicht „abgehängt“ aber eingeschränkt genug, um sich auf das „echte Leben“ zu konzentrieren. Und sie sind ganz gute Notfallhelfer (siehe Sturzerkennung).
    Meine nächste Watch wird definitiv eine eSim bekommen.

    • Profilbild von Fred
      # 01.07.24 um 12:47

      Fred CG-Team

      Das stimmt – vor allem, wenn man die Benachrichtigungen reduziert. Alle paar Minuten einen Hinweis zu bekommen, dass man eine neue WhatsApp-Nachricht bekommen hat, hilft nicht beim Entspannen. Aber das ist ja gut einstellbar. Eine Watch mit eSim wäre auf jeden Fall auch eine Möglichkeit, das Smartphone mal komplett zu Hause zu lassen. Einen Versuch ist es wert.

  • Profilbild von Mox Mostermann
    # 01.07.24 um 12:33

    Mox Mostermann

    Ich warte ja auf das hier: https://www.indiegogo.com/projects/the-minimal-phone-first-e-ink-qwerty-phone#/ — hab allerdings n bissl ungutes Gefühl, eInk ist ja nicht ganz easy. Hab deshalb nicht mitfinanziert und kaufe lieber irgendwann fertig und teurer.

    • Profilbild von Fred
      # 01.07.24 um 12:45

      Fred CG-Team

      Ich bin bei E-Ink-Displays außerhalb von E-Book-Readern immer etwas skeptisch. Die langsame Reaktionszeit nervt mich einfach. Aber vielleicht nutzt man das Gerät dann auch automatisch weniger? Ist auf jeden Fall ein spannendes Projekt!

  • Profilbild von Müller
    # 01.07.24 um 15:49

    Müller

    Viel interessanter wären android musik player. sehr viel akku leistung und standby und total auf musik fokusiert. die smartphones taugen dafür nichts.

  • Profilbild von Naich
    # 06.07.24 um 20:24

    Naich

    Naja das iPhone ist ja auch ein Dumbphone 😁

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