Sarco: Eine Kapsel aus dem 3D-Drucker als Option für Sterbehilfe
Achtung, solltet ihr beim Lesen dieser Zeilen getriggert werden, lest bitte nicht weiter oder tut dies nicht alleine: Suizid ist das Resultat einer Erkrankung, beispielsweise einer Depression, infolge derer sich fast 10000 Menschen pro Jahr in Deutschland das Leben nehmen. Suizidgedanken sind also ernst und sollten nie ignoriert werden. Extrem wichtig ist es, darüber sprechen zu können oder es zu lernen. Wenn du selbst betroffen bist oder jemanden kennst, der Hilfe braucht, gibt es verschiedene Unterstützungsangebote.
Wichtige Anlaufstellen:
- Telefonseelsorge: Anonym, rund um die Uhr, kostenlos: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
- Krisenchat: Kostenloser Chat für akute Krisen: http://www.krisenchat.de
- Nummer gegen Kummer: Für Kinder und Jugendliche: 116 111
Wie du helfen kannst: Höre aktiv zu, nimm die Person ernst und ermutige sie, professionelle Hilfe zu suchen.
Ja, dieses Thema ist sicherlich schwere Kost und wir wollen hier auch kein Für und Wider in Bezug auf aktive Sterbehilfe zelebrieren. Vielmehr geht es uns in diesem Artikel darum zu zeigen, dass 3D-Druck mittlerweile sehr weit in unser Leben – und neuerdings auch unser Ableben – hineinreicht. Beispielhaft dafür ist die überwiegend mittels 3D-Druck hergestellte Sarco – eine Kapsel für Menschen, die ihrem Leben ein Ende setzen wollen.
Inhalt
Was konkret ist Sarco?
Wer jetzt gedacht haben mag, dass Sarco eine Kapsel im Sinne einer Pille zum Schlucken sei, dem sei gesagt: Nein. Es handelt sich um eine lebensgroße Kapsel, in die sich ein Mensch legen kann um dort Suizid zu begehen. Nicht umsonst erinnert ihr Name an den klassischen Sarg. Entwickelt wurde sie vom Australier Philip Nitschke, der zugleich auch Gründer der Organisation „Exit International“ ist. Sie zeichnet sich für den Bau der Kapsel mittlerweile in der dritten Generation verantwortlich.
Aufbau und Funktionsweise der Sterbe-Kapsel
Für den Bau von Sarco nutzt man spezielle, nicht näher benannte 3D-Drucker und druckt die Kapsel dann in Segmenten. Die Druckkosten belaufen sich auf stattliche 17000€. Ergebnis nach ungefähr einem Monat ist ein futuristisch anmutender „Sarg“. Dessen 3D-Druckdateien und Steuerungssoftware plant Exit International, registrierten Mitgliedern im Rahmen des so genannten „The Peaceful Pill eHandbook“ zur Verfügung zu stellen. Die Mitglieder müssen älter als 50 Jahre sein und sich einer Identitätsprüfung unterziehen.
Als Recheneinheit wird ein Raspberry Pi genutzt. Die Software stellt dem Kapselinsassen einige Fragen um dessen Geisteszustand zu überprüfen. Dieser Vorgang soll zukünftig durch den Einsatz von KI optimiert werden. Der eigentliche Sterbeprozess wird vom Nutzer selbst durch das Drücken eines Knopfes gesstartet. Dabei wird Stickstoff in der Kapsel freigesetzt. Damit soll ein schmerzfreier Tod innerhalb von 5 bis 10 Minuten erfolgen.
Erster Anwendungsfall in der Schweiz
Sarco ist im September 2024 im Kanton Schaffhausen in der Schweiz das erste Mal eingesetzt worden. Exit International hatte bereits angekündigt, die Kapsel in der Schweiz für eine begleitete Sterbehilfe einsetzen zu wollen. Denn strafrechtlich habe man angeblich nichts zu befürchten, da begleitete Sterbehilfe legal sei, solange sie ein altruistisches Motiv habe, die betroffene Person die Tötung selber durchführe und bei klarem Verstand sei. So eindeutig war dies für die Schweizer Behörden offenbar nicht: Es kam vor Ort zu Festnahmen und die Kapsel Sarco wurde konfisziert. Die örtliche Staatsanwaltschaft hat nun ein Verfahren wegen Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord gegen beteiligte Personen eröffnet.
In Deutschland ist das Thema ebenfalls umstritten. Seit 2020 ist die Beihilfe zum Suizid nicht mehr strafbar. Das gilt allerdings nur für die passive und indirekte Sterbehilfe. Unter passiver Sterbehilfe versteht man beispielsweise den Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen, während die indirekte Sterbehilfe Medikamente zur Leidenslinderung betrifft, die das Leben des todkranken Patienten aber verkürzen können. Aktive Sterbehilfe, also das Herbeiführen des Todes eines Menschen durch z.B. ärztliche Medikamentenverabreichung, ist in Deutschland verboten. Eine assistierte Sterbehilfe hingegen, bei welcher ein tödliches Mittel nur beschafft oder bereitgestellt wird, der Betroffene aber das Mittel selbst einnimmt, ist in Deutschland eine rechtliche Grauzone.
Radikaler umstrittener Ansatz für die aktive Sterbehilfe
In Zeiten, in denen 3D-gedruckte Organe durch das so genannte Bioprinting bald schon nicht mehr reine Science-Fiction sind, stellt sich umso mehr die Frage, wie wir als Gesellschaft mit dem Thema 3D-Druck umgehen, wenn es unser Leben, oder in diesem Fall unser Sterben betrifft. Wie behandeln wir diesen Umstand aus juristischer, insbesondere aber ethischer Sicht, gerade im Spannungsfeld zwischen der Frage nach dem Wert des Lebens, der Selbstbestimmung und der im Grundgesetz fest verankerten unantastbaren Würde des Menschen?
Wenn es nach Exit International geht, dann lautet das Motto hier „Selbstbestimmt leben, selbstbestimmt sterben“ – und zwar radikal kompromisslos ohne eine wie auch immer geartete Differenzierung. Denn die Option, die Kapsel Sarco zu nutzen, soll laut Exit International explizit auch für depressive Menschen möglich sein, sofern sie die Konsequenzen ihrer Entscheidung verstünden und ein Arzt ihre geistige Zurechnungsfähigkeit als ausreichend erachten würde. Allein diese Ansicht ist höchst diskutabel und verkennt das Wesen einer Depression völlig. Überhaupt stellt sich die Frage, wie man hier gegen Manipulation und Missbrauch vorgehen oder eine Reduzierung der Hemmschwelle bzw. Abstumpfung verhindern möchte. Wie umstritten das Ganze ist, macht nicht zuletzt auch das FAQ auf der Unternehmensseite deutlich, wo Exit International sich meint rechtfertigen zu müssen, dass es sich bei der Sarco-Kapsel mangels Giftgas um keine moderne Gaskammer handele.
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