Blackview Hero 10: Ist das billigste Flip-Handy ein Samsung-Killer?
Noch circa eine Stunde bis ich zum Flughafen aufbrechen muss, einen letzten Rundgang in Halle 7 des MWC in Barcelona habe ich noch gerade so in den Beinen. Da entdecke ich das Blackview Hero 10 – ein Falt-Smartphone á la Samsung Galaxy Z Flip5, allerdings zum Bruchteil des Preises. Zu dem Zeitpunkt hat keiner darüber gesprochen, jetzt ist es etwas teurer als zuerst gedacht auf den Markt gekommen. Was kann ein so günstiges Flip-Smartphone?
- Blackview Hero 10
Inhalt
Technische Daten des Blackview Hero 10
Display | Außen: 1,19″ AMOLED 390 x 390 Pixel 60 Hz Innen: 6,9″ AMOLED, 1080 x 2560 Pixel, 60 Hz, |
Prozessor (CPU) | MediaTek Helio G99 @ 2,2 GHz |
Grafikchip (GPU) | ARM Mali G57 |
RAM (Arbeitsspeicher) | 12 GB LPDDR4X |
Interner Speicher | 256 GB UFS 2.2 |
Kamera | 108 MP ƒ/1.8 Hauptkamera Samsung ISOCELL HM6 8 MP Ultraweitwinkelkamera, 120° Aufnahmewinkel |
Frontkamera | 32 MP |
Akku | 4.000 mAh mit 45W |
Konnektivität | Dual SIM, LTE Band 20, ac-WiFi, BT , Dual GPS/Galileo/BDS/QZSS, GLONASS, USB-C |
Features | Faltbar, NFC, Fingerabdrucksensor an der Seite |
Betriebssystem | Android 13 mit DokeOS 4.0 Oberfläche |
Maße / Gewicht | Geöffnet: 75,47 x 168,99 x 8,08 mm Geschlossen: 75,47 x 87 x 16,25 mm Gewicht: 201,3 g |
Billiger Samsung Flip5-Klon?
Blackview imitiert hier das Samsung Galxy Z Flip5, das 6,9“ große Full-HD-Bildschirm lässt sich also in der Mitte falten. Dabei handelt es sich um ein AMOLED-Panel mit 2560 x 1080 Pixel Auflösung, die Pixeldichte fällt somit durchschnittlich aus. Gleiches gilt für die 1300 nits maximale Helligkeit, die auch bei starker Sonneneinstrahlung absolut ausreicht um es abzulesen. Größter Kritikpunkt: Nur 60 Hz Bildwiederholrate anstatt 120 Hz, wie es selbst im Budget-Bereich mittlerweile üblich ist. Dazu gibt es wenig Einstellungsmöglichkeiten im Betriebssystem, ansonsten ist es aber wirklich ein überraschend solider Bildschirm.
Der Bildschirmrahmen ist etwas dicker als bei der Konkurrenz, aber nicht im unangenehmen Bereich. Die Knickfalte ist spür- und sichtbar, nach ein paar Minuten ignoriert man sie aber automatisch. Diesbezüglich muss sich das Scharnier nicht vor dem des Samsung verstecken. Auch in puncto Design gefällt mir das Blackview Hero 10 gerade im Vergleich zum nächst günstigen Nubia Flip 5G besser. Der Gehäuserahmen ist gewölbt, der Rückseitenbildschirm integriert sich zudem organischer ins Gesamtkonstrukt. In der schwarzen Farbvariante wirkt schlicht und zeitlos.
Zusammengefaltet profitiert man logischerweise von 87 statt 168,99 mm, auch wenn das Handy dadurch mit 16,25 mm doppelt so dick wird. Das fällt gar nicht so dick aus, macht es aber umso beeindruckender wie es das Honor Magic V2 schafft selbst eingeklappt unter 1 cm dick zu sein. Trotzdem: So passt das Hero 10 von Blackview leicht in Frauenhosentaschen und ist einfach deutlich kompakter.
So gut ist das Blackview Hero 10 verarbeitet
Der allererste Eindruck beim kurzen Intermezzo auf der Messe und nach dem Auspacken war, dass sich die Verarbeitung insgesamt sehr solide anfühlt, der Falt-Mechanismus war sicherlich mit einem Flip 3 oder 4 zu vergleichen. Nach einigen Testtagen und gerade im Vergleich fällt aber auf, dass zumindest das Samsung Galaxy Z Flip5 „straffer“ ist. Eingeklappt bietet das Hero 10 etwas Spiel und beide Handyhälften lassen sich sicherlich 1 mm nach links oder rechts drücken. Das ist im Alltag kein Problem, bei dem Samsung geht das eben nicht.
Dabei verspricht das Billig-Foldable, dass das Wassertropfen-Scharnier über 250.000 mal geschlossen werden kann. Bei einer realistischen Nutzung entspricht das in etwa 10 Jahren, langlebig sollte es also sein. Die Ingenieursbrille staunt dabei über den Faltmechanismus, schließlich liegen beide Hälften plan aufeinander. Dafür hat Samsung 5 Jahre gebraucht! Auf der Rückseite ist trotzdem ein Spaltmaß zu finden, welches ein DIN A4 Papierblatt aber fest hält – Test bestanden.
Das Scharnier soll dabei zwischen 30° und 150° frei aufstellbar ist, was ich nicht unterschreiben kann. Realistisch sind hier eher 130°, bevor die obere Hälfte Richtung Tischoberfläche schnappt. Geschützt wird der Bildschirm hier natürlich von Ultra-Thin Glass (UTG) mit entsprechender Schutzfolie. Die sollte im besten Fall nicht abgenommen werden.
Das kann der 2. Bildschirm auf der Rückseite
Flip-Handys wie auch das Hero 10 offerieren noch ein zusätzlichen Bildschirm. Im Hero 10 ist das ein 1,19“ großer OLED-Bildschirm mit 390 x 390 Pixeln Die Reaktionszeit ist relativ träge, zudem gefällt mir das Design eher weniger und das eckigere Layout wie im Flip5 ist meiner Meinung nach praktischer. So erinnert es nicht nur auf den ersten Blick an ein Display einer günstigen Smartwatch.
Es reicht aus um schnell die Uhrzeit oder das Wetter abzulesen, zum nächsten Lied zu skippen, Benachrichtigungen zu empfangen oder es als Auslöser für die Kamera zu nutzen. Aber das war es leider auch schon mit der Funktionalität. Zumal man bei dem Kameraauslöser z.B. keine Auslöseanimation bekommt und so ohne aktivierten Ton gar nicht weiß, ob man ein Foto gemacht hat. Man kann die Reihenfolge der vier Funktionen anpassen bzw. einzelne Widgets deaktivieren. Auch könnt ihr das Hintergrundbild und Helligkeit ändern, viel mehr könnt ihr mit dem Bildschirm aber nicht machen.
Ich würde mir hier noch mehr Optionen für die Kamera wünschen, auch die Timer-Funktion wäre durchaus praktisch. Das größte Problem ist aber die Größe und Form, denn eine Tastatur wie im Flip 5 von Samsung ist hier nicht nutzbar. Das Zweitdisplay im Hero 10 ist ein nettes Gimmick, mehr nicht.
Mehr Megapixel als Samsung: Auch bessere Fotos?
Die normale Selfie-Cam in der Punch-Hole-Optik bietet zwar immerhin eine 32 Megapixel Auflösung, kann aber nicht mit der 108 MP Hauptkamera auf der Rückseite mithalten. Damit kann man aufgrund des 2. Displays hochauflösende Selfies schießen. Dabei handelt es sich immerhin um den Samsung ISOCELL HM6 Sensor. Zudem gibt es noch eine weitere 8-MP-Ultraweitwinkelkamera mit 120° Sichtfeld.
Es wirkt so als ob man sich mit der Selfie-Cam gar keine Mühe gegeben hat, denn in den meisten Fällen belichtet diese sehr merkwürdig und macht deutlich schlechtere Fotos als die Hauptkamera. Deren größtes Problem ist die Konsistenz, denn manche Fotos verhaut sich komplett. Der Autofokus ist träge und low-light-Fotos haben ein hohes Rauschverhalten. Bei guten Verhältnissen bin ich mit der Kamera aber durchaus zufrieden, gerade die Selfies sehen so gut aus. Bei sehr hellen Fotos draußen steuert das Handy nicht so stark dagegen und belichtet entsprechend hell, die Ultraweitwinkelkamera ist mir viel zu blass.
Wie leistungsstark ist das Blackview Hero 10?
Angetrieben wird das Blackview Hero 10 vom MediaTek Helio G99 Octa-Core Prozessor, den wir zum Beispiel auch aus dem Redmi Pad kennen. Der Acht-Kern-Chip verrichtet grundsätzlich solide Arbeit und wird mit leichten Spielen, Social Media, Streaming und Multitasking locker fertig. Da wird der Unterschied zum Flip5 natürlich mehr als deutlich, schließlich bewegt sich das dank Snapdragon 8 Gen 2 in einer ganz anderen Liga. Auch das Nubia Flip 5G bietet mit dem Snapdragon 7 Gen 1 Chip mehr Leistung. Schon mit Blick aufs Datenblatt hätte ich mir hier zumindest einen neueren Mediatek-Chip aus der Dimensity-Reihe gewünscht.
Mit der Performance bin ich aktuell durchaus zufrieden. Hier fehlen sicher auch die 120 Hz, aber Asphalt 9 läuft auf mittleren Einstellungen flüssig genug. Apps könnten ein paar Millisekunden schneller öffnen, aber das ist aktuell eine Mittelklasse-Performance. Allerdings nur aktuell: In zwei bis drei Jahren mit vollem Speicher ist das Blackview Hero 10 leistungstechnisch nicht mehr auf der Höhe.
Dafür helfen immerhin 12 GB LPDDR4X RAM und 256 GB UFS 2.2 Massenspeicher, wo der Hersteller sich insgesamt großzügig zeigt. In dem Geekbench 6 Benchmark erreicht der Helio G99 Chip 719 Punkte im Single-Core Score und 1809 Punkte i Multi-Core Score. Damit ist er schwächer als der Snapdragon 695 aus dem neuen OnePlus NORD CE 4 Lite.
Okey DokeOS 4.o Betriebssystem mit Update-Versprechen
Leider erscheint das Blackview Hero 10 mit dem DokeOS 4.0 Betriebssystem auf Basis von Android 13. Immerhin verspricht der Hersteller 3 Jahre System- und Sicherheitsupdates, womit das Handy bis Android 16 unterstützt werden soll. Das ist eine optimistischere Prognose als in der Vergangenheit des Herstellers, so ein Versprechen muss man aber auch erstmal halten. Zumal es fast an ein No-Go grenzt so ein aktuelles Handy noch mit Android 13 zu veröffentlichen.
Der Sicherheitspatch ist von März 2024, der Play Store ist zertifiziert. DokeOS 4.0 ist mir bisher noch nicht untergekommen und erinnert erstmal an ein relatives pures Android Betriebssystem. Die Google-Dienste sind alle installiert, das Betriebssystem ist selbstverständlich auf Deutsch. Vorinstalliert sind einige eigene Blackview-Apps wie Einen Fokus-, Kinder- und Arbeitsmodus sowie eigene Apps für den Rekorder oder Taschenrechner. Dafür gibt es bis auf WPS Office keine vorinstallierte Drittanbietersoftware, davon könnte Xiaomi sich eine Scheibe von abschneiden.
Immerhin fügt man ein Einstellungsmenü für das zweite Display auf der Rückseite ein, auch wenn dieses nicht viele Optionen bietet. Anpassen kann man das Betriebssystem Android-typisch leicht mit eigenen Icons und einem farblichem Systemstil. Mein Highlight sollte eigentlich die „Smarte Dynamische Insel“ sein, die sehr stark von ihr wisst schon wem inspiriert wurde. Die ist leider nur nicht ansatzweise auf dem Niveau des Originals und liegt unangepasst in der Statusleiste herum. Zudem unterstützen nur wenige Apps wie z.B. Spotify diese, erlauben aber immerhin, dass man die Anzeige vergrößert. Einen richtigen Mehrwert bietet es mir aber nicht.
Welche „Flip-Funktionen“ gibt es?
Das Blackview Hero 10 sollte im besten Fall davon profitieren, dass es ein Falt-Smartphone ist. Welche Funktionen verbaut Blackview dafür?
Die beliebteste Funktion eines Flip-Smartphones ist wohl das Fotografieren, während man das Handy als eine Art Stativ nutzt. So kann man das Smartphone im 90° Winkel aufstellen und so zum Beispiel ein Gruppenfoto schießen. Dabei sollte man das Handy bei geöffneter Kamera-App knicken und bekommt dann die angepasste Anzeige. Das geht bei dem Hero 10 nur manuell, was ich etwas komisch finde. So ein Automatismus sollte leicht zu programmieren sein.
Das Betriebssystem DokeOS unterstützt zudem eine Split-View-Funktion, die es ermöglichen soll, gleichzeitig Inhalte zu betrachten und beispielsweise Notizen zu machen. Das führt allerdings dazu, dass die Tastatur verrutscht. Ich kann also nichts schreiben, während ich etwas schaue. Um in den Splitview-Modus zu kommen, muss ich im App-Switcher über das Kontextmenü die Funktion „Oben teilen“ auswählen.
Somit erweisen sich die Kamera auf dem Außendisplay und die kleineren Abmessungen des Handys beim Einklappen tatsächlich als größte Vorteile des Flip-Smartphones.
So lang hält der größere Akku des Hero 10 von Blackview
Der Akku fällt mit 4.000 mAh ausreichend groß für ein Flip-Handy aus und auch größer als bei Samsung. 300 mAh bietet das mehr als doppelt so teure Handy. Davon merkt man aber nichts, im Benchmark erreicht das Hero 10 einen höchstens durchschnittlichen Wert von zehn Stunden. Das reicht wohl für einen Tag, aber nicht für viel mehr. Aufgrund des zweiten Displays und des großen Hauptdisplays bekommt man hier eine schwächere Laufzeit als bei ähnlich teuren „normalen“ Smartphones. Auch der hohe Standby-Verbrauch fällt allein schon in den Akkueinstellungen auf.
Dafür ist das Laden mit 45W schneller als bei Samsung! Das dauert in etwa eine Stunde. Ein passendes Ladegerät mit USB-C Anschluss liegt im Lieferumfang. Kabelloses Laden ist dagegen nicht möglich.
Blackview Hero 10 kaufen?
Ich bin kein großer Fan von Fold-, dafür aber von Flip-Handys. Der eingeklappte Formfaktor macht in meinen Augen mehr Sinn, zumal man mit dem kleinen Display schon Aufgaben wie das Wetter checken, zum nächsten Lied skippen oder ein Selfie machen erledigen kann. Das Flip 5 ist zweifelsohne der beste Vertreter des Genres, zumindest in Deutschland, bekommt jetzt aber immer mehr Konkurrenz.
Und zwar auch in Form des Blackview Hero 10, welches gerade durch den Preis, den Falt-Mechanismus, Design, Display und Speicher punkten kann. Die Performance, die Kamera und die Akkulaufzeit könnten durchaus besser sein, alles davon ist aber absolut benutzbar. Der größte Nachteil ist eigentlich, dass das Blackview Hero 10 relativ wenig aus seinem Flip-Design macht. Mehr Funktionen mit dem Außendisplay, klügere Kamerafunktionen und eine bessere SplitView-Anzeige wären wünschenswert.
Leistungstechnisch ist das Hero 10 auf einem Niveau von einem Redmi Note 13 5G oder ähnlichem, weswegen sich aktuell etwa knapp die Hälfte des Preises durch das Flip-Design begründet. Für den ursprünglichen Preis von 399€ wäre es etwas leichter zu empfehlen, ich finde es aber richtig gut, dass sich Hersteller wie Blackview so etwas endlich mal trauen. Hoffentlich ziehen da einige nach und ich freu mich schon auf das Blackview Hero 11!
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