Boox Palma im Test – ist der E-Reader im Smartphoneformat überflüssig?
Seid ihr auf der Suche nach einem kompakten E-Reader? Der BOOX Palma kommt in Smartphone-Größe, und hat sogar eine Kamera verbaut. Auch Apps von Drittanbietern können hier installiert werden. Kommt hier also das Smartphone mit E-Ink-Display?
- BOOX Palma
Inhalt
Technische Daten des Onyx BOOX Palma
Display | 6.13″ HD Carta 1200 screen, 824*1648px, 300 ppi, Capacitive touch |
CPU | Qualcomm Snapdragon 662 Octa-core + BSR GPU |
RAM | 6GB LPDDR4X |
Speicher | 128GB UFS2.1 |
Akku | 3950 mAh |
Konnektivität | Wi-Fi (2.4GHz + 5GHz), Bluetooth 5.0, USB-C, microSD-Slot |
Features | Frontbelichtung, in warm und kalt einstellbar, G-Sensor für Auto-Rotation, Lichtsensor, unterstützt 3rd-Party-Apps |
Kamera | 16 MP mit LED-Flash |
Betriebssystem | Android 11 |
Untersützte Dokuemnten-Formate | PDF, DJVU, CBR, CBZ, EPUB, AZW3, MOBI, TXT, DOC, DOCX, FB2, CHM, RTF, HTML, ZIP, PRC, PPT, PPTX |
Unterstützte Bild-Formate | PNG, JPG, BMP, TIFF |
Unterstützte Audio-Formate | WAV, MP3 |
Farben | Schwarz / Weiß |
Maße / Gewicht | 159 x 80 x 8.0 mm / 170 g |
E-Reader im Smartphone-Design
Der Boox Palma sieht aus wie ein Smartphone. Das Display misst 6,13 Zoll und kommt mit einer Auflösung von 824 x 1648 Pixeln. Zum Vergleich: Ein Smartphone mit ähnlicher Größe ist zum Beispiel das Google Pixel 8a. Wir haben es hier allerdings nicht mit einem typischen LC- oder OLED-Display zu tun. Der Hersteller verbaut die für E-Reader typische E-Ink-Technologie. E-Ink-Displays erinnern an echtes Papier, haben eine etwas rauere Oberfläche und sind augenschonender. Wer hier aber brillante Farben erwartet, dürfte enttäuscht werden.
Das E-Ink-Display kommt in schwarz/weiß und konzentriert sich auf das, wofür es erfunden wurde: Texte darstellen. Die Vorteile: Auch im Außenbereich können Inhalte scharf dargestellt werden, ganz ohne Beleuchtung. Das ist auch extrem stromsparend. Energie wird nur beim Bildwechsel verbraucht, also beispielsweise beim Umblättern einer Buchseite. LC- oder OLED-Displays dagegen können meist das volle Farbspektrum anzeigen und ermöglichen einen schnellen Bildwechsel. Das braucht ein klassischer E-Reader aber auch gar nicht. Zumindest wenn man sich nur aufs Lesen konzentrieren möchte.
Der kompakte E-Reader ist entweder in Schwarz oder Weiß erhältlich und kommt dank seines schmalen Displays in einer kompakten Größe von 159 mm x 80 mm x 8 mm. Das erinnert stark an die typischen Smartphone-Maße. 170 Gramm bringt das Gerät auf die Waage. Wir haben die weiße Farbvariante vor Ort. Das Gehäuse des Boox Palma besteht aus Kunststoff, auf der Rückseite ist eine Textur eingearbeitet, die für gute Griffigkeit sorgt. Außerdem finden wir dort noch das Kameramodul. Ja, der E-Reader kann auch Bilder machen. Ob sich das lohnt: Dazu später mehr.
Auf der linken Seite finden wir einen Micro-SD-Slot, der den 128 GB großen Speicher des Geräts erweitern kann. Außerdem findet sich hier noch ein Button, den ihr mit einer frei wählbaren Funktion belegen könnt. Am sinnigsten ist hier wohl der automatische Refresh des Displays. Aber ihr könnt das Gerät bei Bedarf auch über diese Taste in den Ruhezustand schalten, zur nächsten Seite springen, die Helligkeit bearbeiten und so weiter. Hier gibt es viele Konfigurationsmöglichkeiten. Auf der rechten Seite findet sich neben einem Power-Button noch ein Lautstärkeregler. Das Gerät hat nämlich auch einen Lautsprecher verbaut, der findet sich auf der Vorderseite des E-Readers über dem Display als kleine, schwarze Mini-Notch.
Unter der Haube arbeitet ein Qualcomm Snapdragon 662 mit 6GB RAM. Der Akku bekommt 3950 mAh spendiert. Dank energiesparendem E-Ink-Display ist eine lange Laufzeit garantiert.
Lesen
Wie bekomme ich Inhalte auf den E-Reader?
Kümmern wir uns erstmal um die Kernkompetenz der Geräts, das Lesen. Wenn der Boox Palma eingeschaltet wird, erwartet uns ein typischer Android-Startbildschirm. Der Hersteller hat Android 11 auf dem E-Reader installiert. Allerdings keine Bücher oder Dokumente, da müssen wir uns schon selbst drum kümmern. Nachdem ihr das Gerät mit eurem W-LAN verbunden habt gibt es verschiedene Möglichkeiten, Inhalte in euer System zu integrieren. Einfach und intuitiv geht das beispielsweise mit der Smartphone-App Boox Assistant. (Android / iOS) Wenn ihr beide Geräte im selben Netzwerk verbunden habt, könnt ihr hier einfach Dateien von eurem Smartphone auf den Boox Palma verschieben. Ihr könnt euch alternativ auch ein Onyx-Konto anlegen und Dateien in einen vom Hersteller bereitgestellten Cloud-Speicher schieben und diese dann direkt auf den E-Reader herunterladen. Aber auch die Verbindung via Dropbox funktioniert gut.
Lesen im Smartphone-Format
Habt ihr ein Buch auf den Boox Palma geladen? Dann könnt ihr direkt mit dem Lesen loslegen. Und da kommen wir auch direkt schon zu meinem ersten Kritikpunkt. Durch das Smartphone-Format sind die Zeilenlängen sehr kurz gehalten, das stört den Lesefluss. Abhilfe schafft hier die Möglichkeit der Auto-Rotation. Dreht ihr den E-Reader ins Querformat passt sich die Darstellung der Inhalte an: Die Zeilen sind wieder länger. Trotzdem ist das Format gewöhnungsbedürftig, aber Geschmäcker sind ja auch verschieden.
Während des Lesens habt ihr dann die Möglichkeit diverse Einstellungsmöglichkeiten vorzunehmen. Falls ihr im Dunkeln lesen wollt: Eine Frontbeleuchtung ist eingebaut, wahlweise mit Warm- oder Kaltlicht einstellbar. Die Schriftart- und größe lässt sich anpassen und der Zeilen- und Wortabstand ist frei konfigurierbar. Ihr könnt auch am Kontrast schrauben, das Bild zusätzlich schärfen, eine Bildglättung anwenden und so weiter. Alles schön und gut, aber die vielen Möglichkeiten verwirren eher, als das sie nutzen. Ich habe einen E-Reader gekauft, also möchte ich lesen. Und nicht erstmal ewig an Einstellungen rumfummeln. Feintuning-Fans dürften sich hier aber freuen.
Falls eure Augen müde werden, könnt ihr euch euer Buch auch vorlesen lassen: Hier greift der Hersteller auf die Speech Services von Google zurück. Erwartet hier also keine Hörbuchqualität. Eine KI-Stimme hangelt sich hakelig durch die Absätze. Das mag für kürzere Texte im Sinne der Barrierefreiheit ein großes Plus sein – hilft euch aber nicht dabei in einen spannenden Roman abzutauchen. Was hier auch fehlt: Ein Kopfhöreranschluss. Schließlich möchte man im Zweifel lieber nicht seine ganze Umgebung beschallen. Aber via Bluetooth können kabellose Kopfhörer gekoppelt werden.
Ein E-Reader als Smartphone „light“?
Scannen von Dokumenten
Der Boox Palma will aber mehr sein als nur ein einfacher E-Reader. Der Hersteller hat auf der Rückseite des Geräts eine Kamera mit 16 Megapixeln und einem LED-Flash verbaut. Wer jetzt denkt, dass er auf eine kleine Fotosafari gehen kann, irrt: Zum einen macht es nicht wirklich Freude sich die Fotos auf einem E-Ink-Display in schwarz/weiß anzuschauen, zum anderen ist die Qualität der Bilder ziemlich mau. Das weiß auch der Hersteller, und deklariert die Kamera als Feature zum Scannen von Dokumenten. Das gestaltet sich jedoch eher fummelig. Die Bedienung reagiert E-Ink-typisch träge, das Vorschaubild sieht über das Display aus wie ein verwackelter Schnappschuss einer VGA-Kamera aus den 90ern. Scannt man so ein Dokument hat man noch die Möglichkeit, das Bild per Touch zuzuschneiden und kann es dann auf dem Gerät abspeichern. Das fertige Ergebnis ist in Ordnung, eine Frage bleibt aber: Warum nicht direkt zum Smartphone greifen?
Surfen im Internet
Den integrierten Browser in E-Readern habe ich wenn überhaupt bisher nur genutzt, um beispielsweise über die Onleihe der ortsansässigen Bibliothek E-Books auszuleihen. (Übrigens ein toller Spartipp! Schaut einfach mal ob eure Stadtbibliothek auch mitmacht.) Auf die Idee mich mit meinem Gerät aufs Sofa zu setzen und unbeschwert durchs Internet zu surfen kam ich bisher nicht. Der Grund ist ganz einfach: Die Darstellung der Webseiten ist nicht schön. Die Bilder sind nur in schwarz/weiß und man merkt auch, dass die Webseiten nicht für die Darstellung auf E-Readern optimiert sind. Buttons funktionieren manchmal nicht, und tippen macht auf dem E-Ink-Display dank der Verzögerung auch nur wenig Spaß. Halten wir aber fest: Grundsätzlich ist es möglich, aber fummelig.
Apps aus dem Play-Store laden
Neben der Möglichkeit zu Scannen und im Internet zu surfen, serviert uns der Hersteller noch einen Kalender, einen Rechner, die Möglichkeit Audiomemos aufzunehmen oder eine eigene Musik-App zum Abspielen von Audio-Dateien. Falls euch das noch nicht reicht, habt ihr die Möglichkeit, zusätzliche Apps aus dem Google Play Store herunterzuladen. Das Erlebnis ist hier aber ähnlich wie beim Browser: Die Inhalte werden nicht gut dargestellt, auch die Reaktionszeit des Displays ist dafür einfach nicht ausgelegt. Wer hier vom kleinen Gaming-Abenteuer zwischendurch träumt, dürfte schnell ein genervtes Erwachen haben.
Schuster, bleib bei deinen Leisten
Positiv hervorzuheben ist noch der Lieferumfang. Neben dem Gerät bekommt ihr gleich zwei Cover für den Boox Palma mitgeliefert. Ein Case für die Rückseite und ein Case mit zusätzlicher Klappe über dem Display. Ein Netzteil sucht ihr in der Verpackung allerdings vergeblich, dafür ist ein Ladekabel von USB-A auf USB-C beigelegt. Im Jahr 2024 würde ich mir hier aber auch ein USB-C auf USB-C-Kabel wünschen.
Meine Meinung: Der Boox Palma lässt mich etwas ratlos zurück. Ich frage mich, was das Gerät eigentlich will. Klar, es ist sehr handlich, schnell in jeder Tasche verstaut und leicht zu halten. Der Lesekomfort will sich bei mir aber einfach nicht einstellen. Das liegt vor allem an der Größe. Die Zeilenlänge ist mir im Hochkantmodus zu gering, quer gehalten zu lang. Der Sweetspot wird einfach nicht erreicht. Und ganz ehrlich: Bei dem Formfaktor kann ich auch direkt auf dem Smartphone lesen. Die Einstellungsmöglichkeiten beim Lesen sind vielfältig, fast schon überladen. Ich möchte Lesen – und mich nicht damit beschäftigen ob jeder Pixel korrekt angezeigt wird.
Was will ein E-Reader sein? Ein Gerät, mit dem ich ungestört, ohne Ablenkungen lesen kann. Der Boox Palma will aber mehr – und beraubt sich damit ein Stück weit seiner Identität. Wir können Dokumente scannen – wenn auch eher halbgar. Wir können jederzeit in den Kalender blicken – und uns vom Lesen ablenken lassen. Von der Möglichkeit andere Apps zu installieren mal ganz abgesehen. Die Frage bleibt: Warum sollte ich mir ein Smartphone mit schlechten Smartphonefunktionen zulegen? Und das zu einem happigen Preis – das Gerät kostet beim Hersteller 300€. Dafür bekomme ich schon sehr gute Einsteigersmartphones, wie zum Beispiel das Poco X6 Pro. Mit Farbdisplay und besseren Kameras. Und ja: Lesen kann man darauf auch. Nur eben nicht auf einem E-Ink-Display.
Trotzdem kann man nicht abstreiten, dass das Gerät sehr handlich und kompakt ist. Vielleicht hilft der Boox Palma auch ein bisschen bei Digital Detox – schließlich sorgt das E-Ink-Display dank Verzögerungen für eine gezwungenermaße Entschleunigung. Auch der Farbmangel kann sich positiv auswirken: Durch das Fehlen der Signalfarben haben wir nicht ständig das Gefühl, auf alles reagieren zu müssen. Auch bei Smartphones kann man inzwischen einstellen, dass das Display nur in schwarz/weiß angezeigt wird.
Fazit für mich: Ich bleibe bei meinem Tolino Vision 6. Der Formfaktor gefällt mir einfach besser und die Software ist übersichtlicher. Auch die Kindle-Geräte wie zum Beispiel der Kindle Oasis sind eine gute Alternative. Hersteller ONYX kann übrigens aber auch größer: Maike hat sich den großen Bruder des Boox Palma angeschaut, das Onyx Boox Note Air 3. Was zeichnet den perfekten E-Reader aus, was denkt ihr?
Wenn du über einen Link auf dieser Seite ein Produkt kaufst, erhalten wir oftmals eine kleine Provision als Vergütung. Für dich entstehen dabei keinerlei Mehrkosten und dir bleibt frei wo du bestellst. Diese Provisionen haben in keinem Fall Auswirkung auf unsere Beiträge. Zu den Partnerprogrammen und Partnerschaften gehört unter anderem eBay und das Amazon PartnerNet. Als Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.
Sortierung: Neueste | Älteste
Kommentare (13)