Dnsys X1 Exoskelett bietet Unterstützung beim Joggen und Bergsteigen
Das Dnsys X1 Exoskelett startete 2024 als Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter. Nachdem das Projekt erfolgreich finanziert wurde und die ersten Modell verschickt wurde, kann man es mittlerweile auch regulär bestellen. Weil ein Exoskelett einfach immer noch sehr futuristisch klingt und wir unbedingt wissen wollten, wie gut es wirklich funktioniert, haben wir das Dnsys X1 selbst ausprobiert.
- Dnsys X1 Exoskelett
Inhalt
Was ist ein Exoskelett?
Exoskelett, auch Außenskelett genannt, kommt zuerst einmal aus dem Griechischen („exo“= außen, „skeletos“ = ausgetrockneter Körper/Mumie). Natürlich kommen solche außen anliegenden Skelette bei einigen Tieren, beispielsweise Gliederfüßlern, vor und sorgen so für Stabilisierung. Die Bionik überträgt dieses mechanische Außengerüst aus der Tier- in die Technikwelt und so auch auf den Menschen. Das Resultat sind künstliche, maschinelle Exoskelette, die den menschlichen Körper und seine Bewegungen unterstützen oder verstärken. Im Gegensatz zu passiven Exoskeletten setzen aktive auf ein Antriebssystem mit gesonderter elektrischer Energiequelle.
Wann kommt ein Exoskelett zur Anwendung?
Exoskelette werden neben Industrie und Militär insbesondere in der Rehabilitationsmedizin eingesetzt. Patienten mit Lähmungen und Erkrankungen wie z.B. Multipler Sklerose können von der (motorisierten) Bewegungsunterstützung profitieren. Auch bei Verletzungen können solche Exoskelette dazu dienen, Körperfunktionen wieder herzustellen oder eben allgemein die biologischen Fähigkeiten zu verbessern.

Für wen das leichte Dnsys X1 Exoskelett gedacht ist
Der Hersteller macht deutlich, dass sich sein an Taille und Beinen fixiertes aktives Exoskelett aus Carbon und Nylon mit anpassbarem Gurtsystem primär an (gesunde) Outdoor-Fans richtet. Es erhöht damit deren körperliche Leistungsfähigkeit und minimiert Ermüdungserscheinungen – sei es beim Tragen von schwerer Outdoorausrüstung, Klettern oder allgemein in unwegsamem Gelände.
Gleichzeitig soll das neue Exoskelett aber auch alltagstauglich sein. Der Hersteller spricht hier beispielsweise vom Einsatz beim langen Spazierengehen oder während des Einkaufens – damit die nächste falsch gehobene Getränkekiste eben nicht zum nächsten Bandscheibenvorfall führt. Von einem Nutzen im medizinischen Kontext ist hier explizit nicht die Rede und ersetzt und ergänzt nicht Rehabilitationsmaßnahmen nach einer Verletzung oder OP. Im Gegenteil sollte man dann vielleicht sogar davon absehen oder einen Arzt konsultieren, bevor man das Gerät anlegt.
Wie gut aber schlägt sich das Exoskelett im Alltag? Das wollten wir herausfinden und haben es selbst angelegt.
Das kann das Dnsys X1 Exoskelett
Das Dnsys X1 geizt nicht mit Superlativen: gerade einmal knapp 1,6 kg Eigengewicht bei einem zusammengeklapptem DIN-A4 Packmaß und 900W Leistung (Motor mit 50 Nm/kg Drehmoment) für ca. 1,2 PS auf dem steinigen Bergpfad. Dazu eine um ca. 38 kg verringerte Last bei 50% Einsparung körperlicher Anstrengung. Soweit zu den Versprechungen des Herstellers.
Bei der Größe hat man schon mal nicht gelogen. Das Exoskelett kommt in einem relativ kompakten Karton mit einer Transporttasche, in der es platzsparend verstaut werden kann. Die DIN-A4-Angabe kommt ungefähr hin, auch wenn das Dnsys X1 selbst zusammengeklappt noch leicht übersteht und das Ganze auch nur annähernd hinhaut, wenn man die Bänder einfach weglässt wie hier auf dem Beispielbild aus der Kampagne.
Auf den ersten Blick wirkt die Konstruktion etwas kompliziert und wackelig, das erübrigt sich aber schnell, wenn man erstmal beginnt, das Exoskelett anzulegen. Die gepolsterte Rückseite wird über der Hüfte gegen den Rücken gelegt und vorne per breitem und gut haltenden Klettverschluss befestigt. Die beiden Halterung am Bein legen sich dann fast automatisch um den Oberschenkel, wo sie per elastischem Band mit einem Haken befestigt werden. Alle Bänder lassen sich noch je nach persönlichen Anforderungen anpassen. Das Anlegen sollte außerdem im Stehen und nicht im Sitzen erfolgen, da es das wesentlich einfacher macht.
Schon vor dem Anschalten fällt auf, dass man erst mal 1,6 kg Zusatzgewicht mit sich herumträgt. Je nach Dicke der Kleidung am Oberkörper stört das Rückenpolster dabei gar nicht, während man die Bänder am Oberschenkel aber durchgehend bemerkt. Das ist aber auch notwendig, immerhin soll ja Kraft aus den beiden Motoren auf den Oberschenkel übertragen werden.
Zwei Modi – Mehr Power oder mehr Anstrengung
Alle Einstellungen können über die Dnsys App vorgenommen werden. Zum Koppeln und Aktivieren des X1 muss jeweils auch eine Taste am Gerät selbst gedrückt werden, außerdem lässt sich die Stärke der Bewegungsunterstützung auch über zwei Tasten links und rechts anpassen.

In der App aber (dnsys für Android und iOS) lässt sich das Gerät koppeln und bedienen. Zur Auswahl stehen mehrere Modi. „Aqua“ soll die Bewegung durch Wasser simulieren und sorgt dafür, dass das X1 einen Widerstand beim gehen erzeugt. Hierbei handelt es sich also um eine Art Trainingsmodus, bei dem mehr Kraft aufgewendet werden muss.
Über die Modi „Eco“, „Sport“ und „Boost“ lässt sich dann aber einstellen, dass das Gerät die Bewegung aktiv unterstützt. Alle drei Modi machen dabei das Gleiche nur in unterschiedlicher Stärke.
Wie sieht das ganze in der Praxis aus? Selbst auf der leichtesten Stufe merkt man die „Bewegungsunterstützung“. Der Oberschenkel wird während Bewegung leicht nach vorne bzw. oben gezogen. Das fällt besonders beim Treppensteigen oder Knieheben im Stand auf. Von mehreren Personen (wir haben gut ein Dutzend Testpersonen das X1 anlegen lassen) wird der Effekt nach einem ersten Eindruck aber als sehr gering beschrieben.
Gut, das Exoskelett soll einem das Laufen ja auch nicht abnehmen, sondern dabei unterstützen. Ich bin damit Joggen gewesen, um das auszuprobieren (und habe dabei viele neugierige Blicke geerntet). Was ich bemerke, ist, dass die Unterstützung durch das Gerät leicht versetzt einsetzt, also erst Millisekunden nachdem ich das Bein anhebe. Das soll mithilfe von KI besser werden, indem das Gerät die Bewegungsmuster lernt und Schritte antizipiert und immer im passenden Moment einsetzt. Das Ganze nennt Dnsys dann Smart AI Motion Assist Technologie. Beim langsamen Gehen zumindest klappt das anscheinend auch.
Die App liefert außerdem Statusinformationen zum Gerät in Echtzeit. Neben Details z.B. zur Hüftgelenksbeweglichkeit oder zur Schrittfrequenz können hier auch Trainingspläne erstellt und Statistiken geführt und analysiert werden.
Einschätzung – Okay?
Ich fange mal damit an, was mir gut gefällt. Das X1 fühlt sich nicht unangenehm an und ist grundsätzlich gut zu tragen. Die Halterung an der Hüfte und an den Oberschenkeln sitzt bequem und das Gerät ist unkompliziert anzulegen und in Betrieb zu nehmen. Ich weiß nicht, wie effektiv das Laufen mit dem Aqua-Modus auf lange Sicht ist, aber es gibt definitiv einen spürbaren Effekt. Der zusätzliche Widerstand hat schnell für Muskelkater im Oberschenkel gesorgt.
Die aktive Bewegungsunterstützung sehe ich etwas skeptischer. Auch hier sei gesagt: Sie funktioniert und man merkt in jedem Schritt, wie der Motor das Bein mit nach vorne zieht. Beim einfachen Gehen konnte ich aber keine Erleichterung feststellen, während beim Laufen/Joggen selbst eine Verzögerung von wenigen Millisekunden eher störend und vor allem ablenkend wirkt. 100% richtig fühlt es sich beim Laufen einfach nicht an, ich fühle mich eher immer gedrängt, meine Bewegung dem Exoskelett anzupassen; dabei sollte es ja eigentlich umgekehrt sein. Hinzu kommt, dass die Motoren mit jeder Bewegung laut „quietschen“. Insgesamt empfinde ich Laufen (im Sinne von „Rennen“) mit dem X1 nicht als besonders angenehm oder gar intuitiv.
Am ehesten sehe ich das Gerät dann wirklich beim Wandern in den Bergen, worauf man den Fokus auch im Promo-Material legt. Beim Treppensteigen ist der Effekt des Dnsys X1 am deutlichsten spürbar. In wirklich steilem und unwegsamen Gelände habe ich das X1 aber noch nicht ausprobiert.
Reichweite und Haltbarkeit
25 km Reichweite bei maximal 27 km/h soll der durch das kinetische Energierückgewinnungssystem (KERS = Kinetic Energie Recovery System) unterstützte smarte Li-Ionen Akku ermöglichen. Ein intelligentes Batteriemanagementsystem (BMS) bringt USB-C Schnellladen mit und boostet den Ladestatus des Akkus bereits nach 8 Minuten Laden laut Hersteller auf 20%.
Die Akkus sollen bei starker Nutzung nach 2 Jahren noch 80% ihrer Nennkapazität bringen und können danach einfach ausgetauscht werden. Außerdem soll es viele Sicherheitsfeatures geben. So ist u.a. von strengen Haltbarkeitstests, Batterieschutzprogrammen, einer Notabschaltung beim Fallen oder einer automatischen Sitz-Prüfung die Rede, sobald das Exoskelett angelegt wurde.
Fazit nach dem Kurztest
Das Dnsys X1 Exoskelett fasziniert mich – auch deshalb, weil sonstige Exoskelette aus dem medizinischen Kontext um ein Vielfaches teurer sind. Erste Test-Demos zum Dnsys Exoskelett X1 sind durchaus vielversprechend. Gerade das KI-Feature zur Bewegungsvorhersage in Kombination mit dem federleichten Eigengewicht und geringem Packmaß macht neugierig.
Das Ganze macht letztlich deutlich, wie weit Bionik bereits fortgeschritten ist. Von einer Revolution will ich hier aber noch nicht sprechen. Erstmal ist der Preis nach dem Ablauf der Kickstarter-Kampagne deutlich gestiegen und die günstigste Variante des X1 kostet 800$, die teuerste sogar 1800$. Und die Erfahrung in der Praxis ist nach der anfänglichen Begeisterung tatsächlich etwas ernüchternd. Ich finde den Anwendungsbereich einfach sehr, sehr speziell und kann bisher nicht sagen, wie sinnvoll das Exoskelett selbst in diesen Fällen ist.
Als medizinisches Gerät, das sei hier nochmal betont, sehe ich es aber nicht, ganz abgesehen davon, dass mir hier die Qualifikation fehlt, das realistisch einzuschätzen. Es ist ein Freizeit-Produkt, das hier vielleicht seine Nische finden wird.
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