3D-Drucker: Filament-Ratgeber (Temperaturen, Arten, Lagerung u.v.m)
Du spielst also mit dem Gedanken dir einen 3D-Drucker (aus China) zu kaufen, oder hast bereits einen „Plastikschmelzer“? Dann ist neben der richtigen Konfiguration deiner Slicer-Parameter eines unabdingbar: Das richtige Filament … und die richtige Verwendung. In meinem YouTube-Video findet ihr die folgenden (und weitere) Tipps noch einmal zusammengefasst.
Nach über 70 3D-Druckern im Test und unzähligen gedruckten Kilometern möchte ich dir hier wichtige Tipps und Tricks rund um das Filament mitgeben – einige Basics kennst du sicher bereits, bei anderen Lösungen liegt der Fehler im Detail.
Inhalt
So funktioniert der 3D-Druck mit Filament
Aktuell gibt es zwei gebräuchliche Arten von 3D-Druckern (für Heimanwender) auf dem Markt. Die sog. FDM-Drucker („Fused Deposition Modeling“) die mit Kunstoff-Filamenten drucken und 3D-Drucker die mit dem SLA-Verfahren (Stereolithografie), also Flüssigharz, arbeiten. Du kannst dir das FDM-Verfahren wie eine große Heizklebepistole vorstellen:
- Es gibt ein heißes Ende, durch das das Filament durchgepresst wird („Hot End“)
- Es gibt die Transportrollen, die das Filament durch das Hot End pressen („Feeder“)
- Es gibt drei Achsen auf denen der Druckkopf dreidimensional durch den Raum bewegt wird.
Der 3D-Drucker fährt jeweils eine Schicht („Layer“) komplett mit der „Klebepistole“ ab und fährt dann um einen Bruchteil eines Milimeters höher um die nächste Schicht zu befüllen. Damit das Filament nach dem Verlassen des Hot Ends schnell hart wird, muss dieses mit Lüftern abgekühlt werden.
Du siehst: Das Prinzip ist sehr einfach! Wir arbeiten hier mit einer „relativ primitiven Mechanik“. Dennoch liegt der Fehler im sprichwörtlichen Detail: Da wir im Mikrometerbereich unterwegs sind und viele Komponenten richtig eingespielt bzw. konfiguriert sein müssen, führt jedes Problem schnell zu einem schlechten Druckbild.
Der SLA-Druck erfordert kein Filament, sondern Flüssigharz und eignet sich für besonders genaue Drucke. Diese sind jedoch auch sehr klein und die Vor- und Nachbereitung ist relativ aufwändig (siehe unseren Drucktechnolgie-Ratgeber). Nicht ohne Grund sind FDM 3D-Drucker mit Filament so beliebt.
Das richtige Filamentmaterial
Es gibt, neben vielen 3D-Druckern aus China, inzwischen unzählige Filamentmaterialien, doch die meisten Werkstoffe und somit deren Besonderheiten sind ähnlich. Nachfolgend möchte ich dir die drei wichtigsten Werkstoffe und deren Vor- und Nachteile vorstellen.
PLA-Filament: Für Einsteiger
Falls du einen 3D-Drucker in China bestellst, wird dieser mindestens in der Lage sein, PLA (Polyactide Acid) Filament zu drucken. Meistens wird sogar eine geringe Menge (leider meist viel zu wenig) Filament beigelegt, sodass man wenigstens die ersten 1-2 Testdrucke absolvieren kann. Der größte Vorteil von PLA ist sicherlich die einfache Handhabung. Der größte Nachteil von PLA-Filament ist die, im Vergleich zu anderen Filamenten, geringe Belastbarkeit.
Vorteile | Nachteile |
|
|
In 80-90% der Fälle machst du mit PLA-Filament nichts falsch. Im Gegenteil: Du sparst dir eine Menge Frust beim Leveln und auch Stromkosten, die natürlich bei höheren Drucktemperaturen anfallen. Ein Großteil der 3D-Drucke wird schlicht nicht hoch belastbar oder gar flexibel sein müssen. Falls doch, sind die nächsten zwei Filamentarten für dich spannend!
ABS-Filament: Für Fortgeschrittene
ABS als Werkstoff ist auf Platz 2 der meist verwendeten 3D-Drucker Filamente. Acrylnitril-Butadien-Styrol benötigt höhere Drucktemperaturen als PLA. Das Hotbed sollte mindestens 80°C, die Nozzle mindestens 220 Grad erreichen und stabil halten können. ABS ist wesentlich widerstandsfähiger als beispielsweise PLA, haftet jedoch auch wesentlich schwieriger am Heizbett. Dein Drucker muss neben den höheren Temperaturen, auch ein richtig gut geleveltes Heizbett bieten können.
Vorteile | Nachteile |
|
|
ABS-Filament lohnt sich also oft nur für Bauteile, die größeren Belastungen standhalten sollen. So sind die „dänischen Klemmbausteine“ oder viele Modellbaukomponenten nicht ohne Grund aus ABS gefertigt. Brauchst du diese Stabilität bzw. Bruchfestigkeit nicht, solltest du mit PLA drucken.
TPU-Filament: Für Profis
Seit längerem kann man auch flexible Gegenstände in verschiedenen Elastizitätsstufen gedruckt werden. TPU ist hierfür zwar nicht das flexibelste Filament, jedoch das noch am einfachsten zu druckende (z.B. im Vergleich zu TPE).
Vorteile | Nachteile |
|
|
Der größte Nachteil dürfte sicherlich die nötige Hardware sein. Inzwischen dominieren 3D-Drucker mit Bowden-Extruder den Markt. Diese sind jedoch für den Druck flexibler Materialien nicht gut geeignet, da sie das (eben flexible!) Filament durch den PTFE-Schlauch zum Druckkopf drücken müssen. Direct-Drive-Extruder bieten naturgemäß einen kleinen Weg vom Extruder-Stepper zur Nozzle – die Genauigkeit steigt extrem.
Das richtige Filament kaufen
Die Stammleser kennen den Preisvorteil bei einer direkten Bestellung von China-Gadgets in den diversen Online-Shops. Bei Filament für 3D-Drucker ist dieser jedoch nicht so hoch. Der Grund: Das Gewicht! Die Rollen wiegen meist 1-2 Kilogramm und somit ist der Versand, gemessen an der möglichen Gewinnspanne für den Verkauf, sehr teuer. Somit lohnt sich der Kauf von Filament in deutschen Online-Shops mehr. Abgesehen davon ist es, insbesondere in Notfällen, auch viel schneller da ;-).
Hier möchte ich insbesondere das Filament von Geeetech hervorheben. Neben dem I3 MEGA 3D-Drucker produziert Geeetech inzwischen echt gute Qualität. Bei Amazon gibt es für um die 20€ diverse Filamentematerialien, -arten, -farben und Features. Insbesondere das „silk“ (seidiges gold, bronze & silber für Deko), „marble“ (Marmor für alle Arten von Büsten) und die phosphorisierend nachleuchtenden Filamente sind halt einfach mal was anderes.
Weitere befriedigende bis gute Erfahrungen konnte ich mit „Das Filament“, „Amazon Basics“ oder „JANBEX“ machen. Bei der Bewertung schneiden diese meist auch bei anderen minimal schlechter ab, aber wenn das Ergebnis eh abgeschliffen und neu lackiert wird, aber der Preis um paar Euro darunter liegt – warum nicht.
Tut euch nur einen Gefallen: Achtet nicht nur auf den letzten Euro!
Das falsche Filament: Typische Fehler
Du hast beim Kauf wieder einmal auf die letzten 1-2 Euro geachtet, könntest schwören, dass deine Einstellungen doch ganz OK sind? Dann könnte dein Filament Schuld sein! Anbei möchte ich dir ein paar typische Fehler erläutern, die für viel Frust sorgen können.
Bei günstigen Noname-Anbietern (muss nicht so sein!), wird das Filament manchmal schlecht aufgerollt. Die Folge: Beim späteren Abrollen beim Druck zieht es Schlaufen und verknotet sich im schlechtesten Fall: Dein 3D-Drucker „druckt“ zwar weiter (der Filamentsensor erkennt schließlich Filament), es kommt jedoch nichts mehr beim Druckkopf an: Ihr druckt in der Luft.
Leider ist die Druckaufnahme ab einer gewissen Druckhöhe nicht ganz einfach: Ihr müsst die exakte Höhe (auf 0,x mm genau) ermitteln, den GCODE anpassen und hoffen, dass die Kante halbwegs sauber ist, bzw. diese nochmals schleifen. Frust den man sich gerne, vor allem bei sehr langen Drucken, spart.
Ein weiteres Problem ist manchmal, dass der Durchmesser (meistens 1,75 mm) nicht genau eingehalten wird. Manchmal gibt es sogar richtige „Beulen“, die euren Feeder beim 3D-Druck verklemmen.
Auch hier ist die traurige Konsequenz: Der Drucker druckt in der Luft – euer 3D-Druck ist (erst einmal) für die Tonne. Manchmal ist jedoch auch euer Hotend Schuld – obwohl erst einmal alles auf das Filament hindeuten würde.
Filament selbst herstellen?
Wer bereits viel gedruckt hat, also wahrscheinlich auch schon viel Ausschuss/Abfälle produziert hat, wird sich sicherlich schon die Frage: „Filament selber machen?“ gestellt haben. Die schlechten Nachrichten gleich zu erst:
- Es gibt Selbstbaulösungen: Diese sind schwierig selbst zu bauen (z.B. 1, 2 & 3) und die Ergebnisse sind maximal „naja“.
- Es gibt keine oft genutzten Fertiglösungen – bei Kickstarter versuchen es immer wieder Startups.
Versteht mich nicht falsch: Dass es (noch) keine vernünftige Lösung gibt, finde ich sehr schade! Ich versuche zwar meinen „Abfall“ zu reduzieren, allerdings landet natürlich dennoch was in der Tonne. Aber: Schlechtes Filament (s.o.) verstopft den Drucker, frisst Zeit und landet letztlich … auch in der Tonne.
Die richtige Verwendung von Filament
Lagerung: Feuchtigkeit & Licht verhindern
Falls du eine Rolle bestellst ist diese nicht ohne Grund luftdicht in Plastik, oft mit Siliziumkugeln, eingeschweißt! Filament absorbiert aus der Umgebungsluft das Wasser und wird somit mit der Zeit brüchig. Achte zudem darauf, dass du das Filament dunkel lagerst. D.h. im Idealfall lässt du die Rolle Filament einfach so lange eingeschweißt trocken und lichtgeschützt bis diese benötigt wird.
Die perfekte Temperatur
„Gestern war der 3D-Druck perfekt, heute mit den gleichen Einstellungen nicht mehr!“ Woran hat’s gelegen? Zum Einen kann der Filamentwechsel Schuld sein, zum anderen hat selbst die Umgebungstemperatur einen Einfluss auf dein Druckergebnis! Jedes Filament besitzt einen Temperaturwert, bei dem die besten Resultate zu erwarten sind. In 70% der Fälle ist dieser Wert auf der Rolle angebracht.
Dennoch würde ich empfehlen einen sog. „Temp Tower“ oder „Heat Tower“ zu drucken, der dir, anhand von gedruckten „Brücken“, die passende Temperatur für das jeweilige Filament zeigen wird.
Die richtige Temperatur für das Filament zu finden, ist gar nicht so leicht, deswegen habe ich dir hier schon einen Temperatur-Ratgeber geschrieben.
10 weitere kleine Tipps um das Filament herum
Hier noch eine kleine Sammlung von Kleinigkeiten, die euch hoffentlich auf die Schnelle weiterhelfen:
- Filamentreste auf dem Heizbett löse ich ganz gerne mit Zitronensäure oder Reinigungsalkohol ab.
- Ich schneide Filament im 45° Winkel ab, damit es sich leichter durch den Extruder führen lässt.
- Ich nutze einen Metall- oder Plastikspachtel zum Schutz des Heibettes zum Lösen der Objekte.
- Ein PTFE-Bowden-Schlauch hilft beim händischen Zusammenschmelzen von zwei Filamentstücken.
- Ein Noname-Klebestift hilft im Nofall immer bei der Haftung – insb. bei schwierigen Materialien.
- Ich gebe 0,0 auf teure Nozzles. Lieber wechsle ich alle Monate mal für 50 Cent eine China-Nozzle.
- Ein Filament-Sensor, selbst später nachgerüstet, spart viel Frust! (Hilft leider jedoch nicht immer).
- Bei PLA-Kleinigkeiten schalte ich das Heizbett nach den ersten drei Layern ab und spare Strom.
- Ich gebe schlechtem Filament max. 3 Chancen. Danach trenne ich mich (schweren Herzens) aber erspare mir weiteren Frust.
- Filamentreste kommen in eine luftdicht verschlossene Plastikbox samt Siliziumkugeln (liegen bei vielen Versendern eh bei).
Silver silk filament + vase mode = <3![/caption] Mit diesen Tipps rund um das richtige Filament bzw. den richtigen Umgang, sollte einem perfekten Druckergebnis nichts mehr im Wege stehen. Habe ich etwas vergessen?
Sortierung: Neueste | Älteste
Kommentare (23)