Leica-Kameras in Xiaomi-Smartphones: Bessere Fotos oder nur Marketing?
Seit 2022 findet man den Leica-Schriftzug auf jedem Top-Smartphone von Xiaomi und nicht mehr bei Huawei. Doch handelt es sich dabei nur um einen cleveren Marketing-Trick oder resultiert das tatsächlich in besseren Fotos? Wie sehr ist der traditionsreiche, deutsche Kamerahersteller in der Produktion der Smartphones involviert? Im Zuge des Launches des Xiaomi 13T Pro und Xiaomi 13T rücken wir die Leica-Kamera in den Fokus.
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Wer ist eigentlich Leica?
Noch nie von Leica gehört? Kein Wunder, mit Preisen im hohen vierstelligen Bereich findet man die Kameras weder bei Amazon noch im nächsten Elektronikfachgeschäft. Leica ist ein 1914 in Wetzlar gegründeter deutscher Kamerahersteller und hat eine lange Geschichte, die von signifikanten technischen Errungenschaften geprägt ist. Bekannt wurde das Unternehmen durch die Einführung der ersten praktischen 35-mm-Kamera. Diese Innovation ermöglichte es, hochqualitative Bilder zu machen, ohne auf große und unhandliche Ausrüstung angewiesen zu sein. Man kann also sagen, dass Leica die Kamera, wie wir sie heute kennen, erfunden hat.
Trotz des Prestiges, das mit dem Besitz einer Leica-Kamera verbunden ist, sind es vor allem die technische Präzision und die einzigartige Bauweise der Kameras, die die Marke auszeichnen. Die Produkte sind für ihre Zuverlässigkeit und Langlebigkeit bekannt und bieten Fotografie-Enthusiasten – ob professionell oder amateurhaft – die Möglichkeit, ihre Leidenschaft für die Fotografie auf einem hohen qualitativen Niveau auszuleben.
Das ist übrigens nicht das erste mal, dass sich das chinesische Unternehmen mit einem deutschen Hersteller verpartnert. Auch mit Wiha Werkzeuge hat Xiaomi bereits zusammengearbeitet. Ein Resultat der Kooperation ist zum Beispiel das beliebte Feinmechaniker Schraubendreher-Set.
Diese Expertise hat sich Huawei bereits 2016 ins Boot geholt und mit dem Huawei P9 das erste Smartphone mit Leica-Kamera veröffentlicht. 2022 fand diese Zusammenarbeit sein Ende, seitdem kooperiert Xiaomi nun mit dem deutschen Hersteller. Das Ziel: ein „herausragendes Benutzererlebnis bieten und Smartphone-Fotografie maximal ausschöpfen“. Das erste gemeinsam entwickelte Smartphone von Xiaomi und Leica war das Xiaomi 12S Ultra, das es aber nicht nach Europa geschafft hat. Anschließend wurde die Xiaomi 13 Serie mit einer co-engineered by Leica-Kamera ausgestattet. Mit dem Xiaomi 13T Pro und Xiaomi 13T profitieren nun erstmals Geräte von Xiaomi außerhalb der klassischen Flagschiff-Reihe von den Vorzügen von Leica.
Wie arbeitet Leica mit Xiaomi zusammen?
Um ein Foto zu schießen, benötigt eine Kamera verschiedene Komponenten. Daraus resultieren in der Handhabung drei Parameter, die Kameras automatisch oder man selbst manuell einstellen kann, um die Belichtung des Bildes korrekt zu ermöglichen: ISO, Verschlusszeit und Blende. Der ISO-Wert gibt die Sensorsensitivität an und bestimmt so mit, wie empfindlich der Sensor auf Licht reagiert. Die Verschlusszeit bestimmt, wie lange der Sensor Licht aufnimmt und die Blende reguliert, wie viel Licht der Sensor aufnehmen kann.
Zwei dieser drei Parameter werden also über den Sensor reguliert. Der entspringt bei den Xiaomi Leica-Smartphones aber aus Sonys Feder. Dafür arbeitet Leica mit Xiaomi zusammen an den Objektiven, erstmalig bei der Xiaomi 13-Serie mit den Leica Vario-Summicron Objektiven. Summicron? Das ist neben z.B. Summilux oder Noctilux eine Objektiv-Reihe des Herstellers, die durch eine große Öffnungsweite kurze Belichtungszeit erlaubt. Vario beschreibt dabei die Zoom-Fähigkeit des Objektivs.
Zudem verbauen Xiaomi und Leica asphärische Objektive. Eine asphärische Linse in der Fotografie hat eine nicht-kugelförmige, also keine perfekt gekrümmte Oberfläche, wie es bei einer normalen, sphärischen Linse der Fall ist. Dies ermöglicht es, die Abbildungsfehler und Aberrationen zu korrigieren, die typischerweise mit sphärischen Linsen verbunden sind. Mindestens genauso wichtig in der Smartphone-Fotografie ist aber die Software.
Leica-Kamera im Xiaomi 13T Pro
Auch im Xiaomi 13T und 13T Pro steckt ein Leica Vario-Summicron Objektiv, welche asphärisch gekrümmt ist. Das ist in der Produktion zwar aufwändiger, verspricht aber auch eine genauere Darstellung. Im Xiaomi 13 Pro besteht das Objektiv sogar aus 8 Linsen, im Xiaomi 13T Pro sind es dagegen 7. Der Blendenbereich der drei Objektive rangiert zwischen 1:1,9–2,2 und die Brennweite zwischen 15-50 mm.
Als Sensor verwendet die Xiaomi 13T-Reihe den Sony IMX707 Sensor mit einer Sensorgröße von 1/1,28″ und einer Auflösung von 50 Megapixeln. Mit der 24 mm Weitwinkel-Brennweite knipst man im normalen Foto-Modus 12,5 MP Fotos dank 4-in-1 Pixel-Binning, die Blende ist mit ƒ/1.9 durchschnittlich lichtstark. Auch die Telekamera bietet eine 50 Megapixel Auflösung, aber eine 50 mm Brennweite und damit einen 2-fach optischen Zoom. Überraschend ist die hier lichtstarke Blende von ƒ/1.9 und der Autofokus, wobei es sich um eine 5P Linse und um den Omnivision OV50D Sensor handelt.
Der 12 Megapixel Sensor der Ultraweitwinkelkamera wird nicht näher spezifiziert, löst aber mit 12 Megapixeln auf. Mit einer Sensorgröße von 1/3,06″ ist er kleiner als seine zwei Kumpanen und mit ƒ/2.2 auch nicht so offenblendig. Dafür ermöglicht die 15 mm Brennweite einen großen Aufnahmewinkel – Fish-Eye-Look inklusive. Auch hier handelt es sich um ein 5P Objektiv, allerdings mit fixiertem Fokus wie in der 20 Megapixel Selfie-Kamera.
Die Software ist die halbe Miete..
Wäre dieses Kamera-Setup in jedem anderem Smartphone verbaut, wären trotzdem nicht alle Fotos identisch. Mittlerweile ist die Hardware sicherlich nur noch ca. die halbe Miete. Der andere ausschlaggebende Faktor ist die Software. Stichwort: computation photography. Auch bei der Software mischt Leica mit.
Alles eine Frage des Stils
Am deutlichsten ist das zum Beispiel bei den zwei eigens entwickelten Bildstilen: Leica Authentic und Leica Vibrant. Wie der Name schon verrät orientiert sich der Authentic Stil dabei an den Leica Kameras und hält den Kontrast, Dynamikumfang und die Farben wie z.B. die Leica M-Serie fest. Die Bilder sind dadurch etwas weicher, haben aber eher den bekannten Leica-Look. Leica Vibrant orientiert sich dagegen eher an der aktuellen Smartphone-Fotografie. Gerade die Farben sind satter, durch eine stärkere HDR-Pipeline sind die Bilder aber auch heller und kontrastreicher.
Die Bildstile lassen sich dabei bei allen drei Kameras auf der Rückseite anwenden und übernimmt automatisch die Einstellung der vorher ausgewählten Brennweite. Nur bei der Frontkamera lässt sich kein Leica Bildstil anwenden.
Wer seinen eigenen Stil finden will, bekommt in der Xiaomi 13T Serie zudem weitere Möglichkeiten. Mit den zwei neuen Filtern Leica Sepia und Leica Blue gibt es insgesamt sechs Leica Filter. Diese findet ihr in der Kamera-App über den „Verschönern“-Button und dann unter „Filter“. Das Smartphone erlaubt zudem sogar benutzerdefinierte Fotostile. Dafür muss man den Pro-Modus aktivieren und kann dann links einen angepassten fotografischen Stil auswählen. Hier lassen sich der Farbton, Tonalität (Kalt/Warm sowie Cyan/Magenta) und die Textur per Schieberegler anpassen. In Gegensatz zu Filtern findet diese Anpassung schon zu Beginn der Xiaomi Imaging-Pipeline statt und bewahrt so mehr Details als in der Nachbearbeitung. Habt ihr euren Stil gefunden, bleibt dieser automatisch so lange gespeichert, bis ihr ihn manuell zurücksetzt.
Bearbeitung direkt auf dem Smartphone
Apropos Nachbearbeitung: Mit dem Xiaomi 13T und 13T Pro gibt es zudem neue Wasserzeichen aka Kunst-Rahmen für eure Schnappschüsse. Insgesamt zehn Leica-Wasserzeichen stehen zur Verfügung, auf denen zum Beispiel Uhrzeit und Standort sowie Brennweite, Blende, Verschlusszeit und ISO festgehalten werden kann. Der Rahmen kann schwarz oder weiß sein, zudem könnt ihr die Bilder innerhalb des Rahmens croppen.
Die Fotobearbeitung geht mittels KI-Funktionen aber weiter. Es lassen sich zwar auch Bildeinstellungen wie Kontrast, Helligkeit oder Sättigung vornehmen, ihr könnt Bilder aber sogar retuschieren. Bildinhalte können ähnlich wie in Photoshop gelöscht, der Himmel kann komplett getauscht und Körperteile können „aufgehübscht“ werden.
Bessere Fotos oder nur Marketing?
Sicherlich ist die Leica-Kooperation auch ein cleverer Marketing-Schachzug von Xiaomi. Sich solch eine ikonische Industriegröße und Reputation auf die Fahne bzw. viel eher auf die Handy-Rückseite schreiben zu können, sorgt beim Endkunden sicherlich für ein gewissen Vertrauen. Vorausgesetzt man kennt Leica. Das ähnelt dem altbekannten „Made in Germany“, denn Leica steht für Fotoqualität wie kaum ein anderes Unternehmen.
Die Xiaomi Smartphones profitieren aber nicht nur von der Marke, sondern auch von der Expertise. Die Kameras gehörten nie zu den Stärken der Xiaomi Smartphones, inzwischen sieht das anders aus. Gerade das Xiaomi 13 Ultra und Xiaomi 13 Pro haben das schon Anfang des Jahres bewiesen, mit dem Xiaomi 13T und 13T Pro gibt es aber endlich auch in dieser Preisklasse eine starke Kamera. Durch den großen Sensor profitiert dabei vor allem die Hauptkamera von der Zusammenarbeit. Hoffentlich liest man das Leica Logo also noch öfter auf den Xiaomi Handys und wer weiß, vielleicht wird dieses Xiaomi 12S Ultra Konzept-Handy ja mal wahr.
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