Matter: DAS solltet ihr über den neuen Smart-Home Standard wissen
„Ist das mit Aqara kompatibel?“, „Kann ich das mit Hersteller XY nutzen?“ – solche Fragen kamen und kommen in Sachen Smart-Home-Kompatibilität verschiedener Hersteller und ihrer Produkte immer wieder. „Matter“ heißt hier oft das Zauberwort. Aber: Was ist das überhaupt genau? Was verändert es und wer unterstützt was?
Inhalt
Aqara & Matter?
Wir haben uns in Kooperation mit dem Smart Home-Spezialisten Aqara einige Gedanken gemacht um etwas mehr Durchblick in Bezug auf den kommenden Smart Home Standard Matter im mittlerweile recht undurchsichtigen „Smart Home-Wald“ zu schaffen.
Denn in diesem Wald tummeln sich unterschiedliche Hersteller mit mehreren (teils proprietären) Protokollstandards. Mit Matter soll die naheliegende Frage nach der Kompatibilität dieser Hersteller und ihrer Produkte untereinander irrelevant werden. Aber: Was heißt das eigentlich?
Was ist Matter?
„Einer für Alle“ lautet die Lösung des Open-Source Projekts Matter. Es handelt sich um einen Verbindungsstandard, der als übergreifender Smart Home-Standard für bisher übliche Protokolle bzw. Verbindungsarten im Smart Home wie etwa ZigBee, Z-Wave, Thread oder WLAN fungieren soll. Matter ersetzt die bestehenden Protokolle damit aber nicht, sondern macht sie untereinander kommunikationsfähig – bringt ihnen also softwareseitig sozusagen eine gemeinsame Sprache bei.
Wie funktioniert Matter?
Matter nutzt neben WiFi und Ethernet den verhältnismäßig jungen Protokollstandard Thread. Ähnlich wie ZigBee auch handelt es sich um ein sehr energieeffizientes Übertragungsprotokoll, das zudem Mesh-Funktionalität bietet: je mehr Thread-fähige Geräte ihr habt, desto stabiler ist euer Smart Home-Netz.
Matter setzt wie viele andere Übertragungsprotokolle auch auf das Internet-Protokoll (IP). Geräte, die dem Matter-Standard entsprechen sollen, müssen daher auf mindestens eine dieser IP-basierten Verbindungsmöglichkeiten zurückgreifen können:
- Ethernet-/LAN-Kabel („Matter über Ethernet“)
- WiFi / WLAN („Matter über WLAN“)
- Thread („Matter über Thread“)
Jetzt fragt ihr euch vielleicht: Wird auch Bluetooth Low Energy (BLE) unterstützt? Korrigiert uns gern, aber hier lautet die Antwort: Jain. BLE läuft als eine Art „Matter-Nebenprojekt“. Es wird nämlich bei der Ersteinrichtung unterstützt, denn Matter-fähige Geräte lassen sich mit dem Smartphone ins bestehende Smart Home wie bei anderen Herstellern auch via Bluetooth einbinden.
Die eigentliche Kommunikation im Netzwerk muss dann aber über Ethernet, Wifi oder Thread laufen. Das heißt für BLE-Geräte: Entweder ist ein Dualchip verbaut, der sowohl BLE als auch beispielsweise Thread unterstützt, oder aber: ein bestehender Hub mit BLE-Unterstützung in eurem Netzwerk wird via Update Matter-fähig gemacht.
Warum setzt Matter auf Thread?
Warum nutzt Matter aber Thread und nicht etwa ZigBee? Ganz einfach: Da ZigBee Direct (was das ist, erfahrt ihr hier) noch Zukunftsmusik ist, gibt es zwischen Thread und ZigBee einen kleinen Unterschied: Eine dedizierte Schaltzentrale – ein sogenannter Hub bzw. Gateway – ist bei Thread nicht erforderlich.
Stattdessen setzt Thread – und damit Matter – auf einen Matter Controller oder Border-Router. Aber: Dafür sind keine eigenständige Geräte und damit keine Extra-Hubs notwendig. Stattdessen ist die Border-Router-Funktion in verschiedene Geräte bereits integriert.
An Bord haben diese für Matter erforderliche Border-Router-Integration bereits beispielsweise der aktuelle Apple HomePod mini oder Apple TV, genauso wie Amazons Echo- oder Googles Nest-Reihe. Aqara wird hier im Laufe des Jahres 2023 mit dem neuen Hub M3 auch den Border-Router direkt integrieren und damit von Werk aus Matter nativ unterstützen.
Dass aber mittlerweile auch bei ZigBee-basierten Systemen im Grunde kein separater Hub mehr notwendig ist, zeigt Aqara beispielsweise mit dem G3 Camera Hub, bei dem der Hub praktischerweise bereits integriert ist.
Was verändert sich dank Matter?
Vereinfachung & Universalität
In Zukunft soll es egal sein, ob ihr z.B. smarte Lampen von Hersteller X mit dem Protokoll Y habt – ihr könnt sie alle dank „Multi-Admin-Funktion“ mit eurer Lieblings-Smart Home App in euer Smart Home einbinden und in Bezug auf Geräteschaltungen, -messwerte und -zustände nutzen.
Apropos Nutzen: Nutzt z.B. ein Familienmitglied eine andere Smart Home App, gebt ihr zukünftig einfach entsprechende Rechte für euer Smart Home frei. Das gilt nicht nur für unterschiedliche Apps, sondern auch unterschiedliche Betriebssysteme: Es ist egal, ob ihr Android oder iOS nutzt. Auch die Sprachsteuerung durch Google Assistant, Amazon Alexa oder Apples Siri ist damit für alle Matter-fähigen Geräte prinzipiell möglich.
Aber: Matter ist nur für die Kommunikation der Geräte untereinander zuständig. Für das, was das Smart Home dann aber eigentlich spannend macht, nämlich die Automationen nach dem „Wenn, dann- Prinzip“ gelten andere Spielregeln: So könnt ihr entsprechende Automationen zwar in unterschiedlichen Apps nutzen, wollt ihr sie aber ändern, müsst ihr auf diejenige App zugreifen, mit der ihr sie erstellt habt. Außerdem braucht ihr für den Fernzugriff auf eurer Netzwerk nach wie vor entweder eine Cloud oder ein selbst konfiguriertes VPN (Virtual Private Network).
Sicherheitsvorteile
Bei Matter ist die komplette IoT-Kommunikation vollverschlüsselt: Jedes Matter-fähige Gerät erhält ein individuelles Matter-Zertifikat, das mit einer dezentral gespeicherten, speziell geschützten Datenbank abgeglichen wird. Kommt ein Update hinzu, muss dieses vom Hersteller in dieser Datenbank vermerkt werden. Wie das Ganze konkret funktioniert, könnt ihr z.B. hier nachlesen.
Die Matter-Kommunikation erfolgt außerdem lokal – das heißt in eurem Netzwerk und nicht wie bei anderen Plattformen (Tuya) über eine Cloud. Auch hier liegt der Sicherheitsvorteil auf der Hand. Aber: Inwieweit die Hersteller ihre jeweilige Cloud für Zusatzfunktionen ihrer Geräte einsetzen, ist ihnen weiterhin überlassen. Vorstellbar ist aber, dass auf lange Sicht beispielsweise einfache Sprachbefehle ebenfalls dezentral und damit lokal bei euch vor Ort verarbeitet werden (Stichwort: Edge Computing, mehr dazu hier).
Wie soll Matter eingeführt werden?
Die Matter-Umstellung soll in zwei Schritten erfolgen. Schritt 1 umfasst Geräte der Kategorien Beleuchtung und Elektrik, Heiz-, Lüftungs- und Klimatechnik, Türschlösser, Sensoren (Tür, Temperatur, Feuchtigkeit, Bewegungsmelder), Rolläden/Jalousien, Fernseher und insbesondere Gateways.
Schritt 2 umschließt dann Produktkategorien wie Küchen- und Haushaltsgeräte (Beispiel: Staubsaugerroboter), Videotürklingeln, Überwachungskameras, (Border-) Router und E-Auto-Ladetechnik.
Was passiert mit meinen „Alt-Geräten“?
In den meisten Fällen wird ein Software-Update die Nutzung von Matter möglich machen – vorausgesetzt die verbaute Technik unterstützt IP-basierte Übertragungsprotokolle wie LAN, WLAN oder Thread. Vorteil: Auch ZigBee, Z-Wave oder das bereits erwähnte Bluetooth lassen sich indirekt trotzdem weiterhin nutzen, sofern nur der ursprünglich dafür eingesetzte Hub per Update Matter-fähig wird. Die meisten Geräte auf dem Markt sollten also auf lange Sicht kompatibel sein.
Wollt ihr aber auf euren alten Hub verzichten oder nutzt nur WLAN- oder Bluteooth-IoT-Geräte, dann werden nicht alle bestehenden IoT-Geräte kompatibel sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn z.B. der entsprechende Bluetooth- oder WLAN-Chip einfach zu alt und die Rechenleistung für Matter nicht ausreichend ist. Bis wie weit die Hersteller in ihren jeweiligen älteren Produktlinien für die Matter-Kompatibilität zurückgehen werden, ist ungewiss. Ein Zeitplan für eine Aufrüstung oder Update-Verteilung existiert nicht.
Welche Aqara-Geräte unterstützen bisher Matter?
Aqara setzt auf ZigBee und ist damit ein Smart-Home System, das zwingend einen Hub benötigt. In Bezug auf Matter hat das aber auch den Vorteil, dass im Grunde nur der jeweilige Aqara Hub ein Matter-Update benötigt. Dies ist etwa seit dem 13. Februar 2023 für den Aqara Hub M2 der Fall. Weitere Aqara-Hubs, wie etwa der Hub M1S/M1S Gen 2, Hub E1, Camera Hub G3 und Camera Hub G2H Pro werden in den nächsten Monaten per Update Matter „sprechen“ können.
Sofern ihr also den Aqara Hub M2 mit neuestem Software-Update habt, sind damit (Stand: Februar 2023) bereits mehr als 40 Aqara-Geräte in der Lage, mit anderen Matter-fähigen Geräten zu kommunizieren. Die Konkurrenz von Samsung & Co wird hier erst in ein paar Monaten nachziehen.
Matter-fähig sind so beispielsweise die bei uns vorgestellten Aqara-Geräte wie das Aqara E1 Heizkörperthermostat, die Aqara Tür- und Fenstersensoren, der Aqara Bewegungsmelder P1 oder der Aqara Vibrationssensor. Welche Aqara-Geräte sonst noch konkret gemeint sind, könnt ihr euch auf der Herstellerseite ansehen. In Zukunft sollen mehr als 160 Aqara-Geräte Matter-kompatibel sein.
Gleichzeitig hat der Hersteller angekündigt, auch eine Reihe neuer Produkte mit nativem Matter-Support vorzustellen, welche statt ZigBee direkt auf Thread basieren. Dazu gehören u.a. die voraussichtlich im Frühjahr 2023 vorgestellten Tür- und Fenstersensoren P2 sowie die Bewegungs- und Lichtsensoren P2. Zudem soll auch die Aqara Home App für Matter-Geräte von Drittanbietern geöffnet werden. Aqara stellt sich hier also durch eine frühzeitige und umfassende Matter-Kompatibilität zukunftssicher auf.
Wenn ihr abseits von Aqara ganz allgemein wissen wollt, welche Geräte bisher Matter-zertifiziert sind, könnt ihr das auf dieser Seite nachschauen. Wichtig: Auf der rechten Seite unter „Program Type“ muss „Matter“ ausgewählt sein.
Ausblick: Wird sich Matter durchsetzen?
In der Vergangenheit sind Einheitsbestrebungen im Smart Home Sektor immer gescheitert. Mit Matter wird das aber sehr wahrscheinlich anders aussehen. Denn dem Matter-Standard haben sich mehr als 520 Hersteller in der Connectivity Standards Alliance (CSA) verschrieben. Dazu gehören namhafte Hersteller wie Apple, Google oder Amazon mit einer gewissen Marktmacht.
In der Praxis ist Matter mit dem offiziellen Release von Matter 1.0 im Oktober 2022 bereits veröffentlicht worden. Matter ist also da. Nur: Die Implementierung durch die Hersteller ist freiwillig. Wie umfänglich Matter also wann und wie von wem umgesetzt wird, obliegt den jeweiligen Herstellern – und die halten sich bisher leider oft mit klaren Ansagen und Taten diesbezüglich zurück. Aqara bietet hier durch das Teilen einer ersten Roadmap für Matter-kompatible Geräte eine erfreuliche Ausnahme – nur an der Einhaltung des Zeitplans muss noch gearbeitet werden.
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