Test: Alfawise U20 3D-Drucker (CR-10 Klon mit Touchscreen) für 239,47€ aus EU
Der Drucker ist mittlerweile nicht mehr erhältlich. Für mehr und aktuellere Modelle schau mal in unsere Themenwelt 3D-Druck.
Kaum 14 Tage nach dem Alfawise U10 hat uns dann auch der Alfawise U20 erreicht. So schnell schon eine neue Version? Jaein, denn der U20 ist kein Upgrade, sondern besitzt recht viele Eigenheiten (im Vergleich zum U10) und konkurriert eher mit dem ursprünglichen Creality CR-10 (und nicht den größeren Varianten). Dementsprechend ist der Druckraum ebenfalls 300 x 300 x 400 mm groß. Ob die paar Verbesserungen im Vergleich zum CR-10 wirklich einen Kauf rechtfertigen, oder ob es ein „verschlimmbesserter Schnellschuss“ von Alfawise war, erfahrt ihr in meinem Alfawise U20 Test. Es handelt sich um „Langzeiterfahrungen“, d.h. ~50 Tage und etwa 2 km Filamentverbrauch.
- Alfawise U20 3D-Drucker (CR-10 Klon mit Touchscreen)
- Druckraum: 300 x 300 x 400 mm (genau wie beim Creality CR-10)
- 0,4 mm Nozzle-Durchmesser, 1,75 mm Filament-Durchmesser
- Drucken über beigelegte microSD-Karte oder USB
- fast fertig montiertes Kit
- Extras: Touchscreen, Filamentsensor, 24V-Kreislauf, …
In meinem Erfahrungsbericht nehme ich euch mit vom Aufbau bis zu meinen Langzeiterfahrungen. Dabei gehe ich auch auf „Kleinigkeiten“ ein, die oft eher „naja“ umgesetzt wurden.
Inhalt
Wer steckt hinter der Marke „Alfawise“?
Alfawise ist die Eigenmarke von GearBest. Bisher hat diese eher Smarthome-Gadgets und TV-Boxen gelabelt (aktuell 62 Produkte im Shop), allerdings scheint die gestiegene 3D-Drucker-Nachfrage für GearBest so lukrativ geworden zu sein, dass man Hersteller wie Creality3D und Co. ausbootet und die eigene Marke pusht – die Gewinnmarge und Lieferkette wird besser bzw. planbarer.
Dennoch wird GearBest die 3D-Drucker sicherlich nicht selbst herstellen, so könnte es sein, dass am Ende doch eine altbekannte Marke wie Creality3D, Anet oder Tronxy hinter dem 3D-Drucker steht bzw. diesen herstellt. Nach mehreren Anfragen will GearBest weiterhin den Hersteller nicht rausgeben, doch ich habe ggf. eine Vermutung – dazu im weiteren Artikel mehr …
Verpackung, Versand und Zubehör
Da GearBest wie gesagt hinter Alfawise steckt, kann man davon ausgehen, dass, wenn der 3D-Drucker im „Stock“ ist, er das auch wirklich ist. Wir hatten nicht selten die Situation, dass auf der GearBest-Seite das China-Gadget als vorrätig angezeigt wurde („Der Hersteller liefert morgen bestimmt … hat er zumindest gesagt„) und es dann doch irgendwo in der Lieferkette Probleme gab.
Dem war auch so, und so ist der U20 3D-Drucker 16 Tage nach der Bestellung mit Germany Express eingetrudelt. Äußerlich völlig unbeschädigt …
… und auch im Inneren dürften Beschädigungen auf Grund der guten Schaumstoffschicht so gut wie ausgeschlossen werden.
Wie so oft gibt es zwei Layer: In der ersten liegt die Base, d.h. der untere Rahmen und das Heizbett.
Und in der unteren Schicht liegt der Aufbau, Elektronikbox und das Zubehör.
In der Zubehörbox lag nichts Spannendes bzw. das Übliche: Ein paar Inbus- und Schraubenschlüssel (reicht für den Aufbau – mein Leben würde ich denen aber nicht anvertrauen). Ein Spachtel, Kabelzange, Kabelbinder, USB-Kabel und eine microSD-Karte samt USB-Adapter.
Alfawise U20 Aufbau & Qualität
Wie inzwischen bei allen beim Prusa i3 „inspirierten“ 3D-Druckern ist der Aufbau relativ schnell gemacht, da meist der Unterbau und der Aufbau „nur“ noch zusammengeschraubt werden muss. Dennoch haben in der Vergangenheit einige Hersteller viele Punkte verschenkt, da die vormontierten Teile komplett schief verschraubt (Creality Ender-3) oder einfach falsch herum montiert (Anet E10) waren.
Was leider beim Zusammenschrauben direkt auffällt: Es wurden keine Hammerschrauben beigelegt, da die Löcher in die Aluprofile vorgebohrt wurden. Zwar sind diese ziemlich exakt positioniert, das erschwert aber das spätere Umbauen (sofern man möchte).
Noch ärgerlicher sind die vorgebohrten Löcher auf der anderen Seite, da dort das T-Stück mit Z-Endstop nicht in der Höhe angepasst werden kann. Ich hatte Glück: Durch das Leveln mit den Heizbett-Schrauben konnte ich die perfekte Heizbetthöhe einstellen, das klappt aber nicht immer – ein Verstellen des Endstops ist nötig.
Auch den Zahnriemen auf der Y-Achse kann man leider nur am Heizbett spannen, welches schlecht erreichbar ist. Die Umlenkrolle ist leider fest am Rahmen verschraubt.
Immerhin kann der Zahnriemen auf der X-Achse, wie üblich, schnell gestrafft bzw. gelockert werden. Zwar sind auch hier die Schrauben fixiert, aber der eigentliche Halter lässt sich bewegen. Versteht mich nicht falsch, der Aufwand hält sich so oder so in Grenzen, aber es ist halt bequem. 😉
Ein weiterer Kritikpunkt ist das Heizbett. Es verfügt über keine Wärmeisolierung, sodass das Aufheizen länger dauern wird, die Temperatur nicht stabil gehalten werden kann und die maximal erreichbare Temperatur ggf. zu niedrig ist.
Zudem gibt es keine Zugentlastung für das Heizbettkabel, welches direkt aufs Heizbett gelötet ist. Hier sollte man defintiv nachrüsten, da das Heizbett bis zu 200W zieht und es ständig in Bewegung ist.
Immerhin ist die Lötstelle mit Kaptonband isoliert. Zudem gefallen mir die kleinen Rändelmuttern fürs Leveln nicht. Diese sind dann zu klein und fummelig. Selbst der wesentlich kleinere Creality Ender-3 hat ab Werk inzwischen große Muttern zum Leveln.
Auch die harten Plastikschläuche für die Kabel finde ich unschön. Diese knacken bei schnellen Drucken unangenehm – Netzschläuche wären die bessere Wahl gewesen. Zudem sind die Schläuche unschön bis gar nicht an den Steckern fixiert, da muss man noch einmal mit Kabelbindern ran.
Übrigens: Der Alfawise U10 hat sowohl Netzschläuche, als auch eine Heizbettkabel-Zugentlastung …
Was mir auch sofort aufgefallen ist, sind die Stepper. Diese scheinen alle von TRONXY zu kommen. Nanu? Ist TRONXY etwa der Hersteller, oder wurden hier Reste günstig aufgekauft?
Elektronikbox: Netzteil und Board
Nach dem Horrorszenario beim Alfawise U10 (Spoiler: Falsche Verdrahtung führte zum FI-Schalter-Rauswurf), habe ich dieses Mal vorher die Box geöffnet und kontrolliert. Eigentlich kann man das nun wirklich nicht von einem Standardnutzer erwarten, aber … naja … sicher ist sicher.
Das Board ist sehr sauber verkabelt, aber wie ich schon erwartet habe (irgendwo muss der Preis schließlich herkommen), wurden Noname-Komponenten verbaut. Das Display hört auf den Namen T0280A und das Mainboard kommt von Longer3D, einer ziemlich unbekannten 3D-Drucker-Marke. (Für die Fortgeschrittenen: Wer auf angepasste (Opensource-)Firmwares hofft, wird wohl enttäuscht werden.) Hat man hier, wie bei dem TRONXY Stepper ggf. ein Indiz wer der Hersteller ist, oder wieder nur günstig einen Restposten aufgekauft?
Was mich freut: Es wurden am Netzteil bzw. an den Kabeln Kabelschuhe verwendet. Und auch „nicht schlecht“: Auf dem Board sind Stepper und ein MOSFET (im Bild hinter dem großen Kühlkörper) verbaut. Als Netzteil hält ein „Sompom S360-24“ mit 15A bei 24V her.
Das Netzteil bzw. die Voltzahl erwähne ich extra, da wir bisher meistens 3D-Drucker mit 12 V Ausgangsspannung hatten. Durch 24 V lässt sich (in der Theorie) das Heizbett und Hotend schneller erhitzen – dazu später mehr.
Die Bedienung über das oben angebrachte Farbtouchscreen ist übrigens „zweckmäßig“; funktioniert, bietet aber nicht all zu viele Features.
Druckqualität: Wie gut druckt der Alfawise U10?
Long Story short: Die Druckergebnisse liegen im „soliden Mittelfeld“. Auch nach 50 Tagen und 2km Filament habe ich ehrlich gesagt keine richtig guten Druckergebnisse erzielen können. Trotz diverser Slicer-Optimierungen, verschiedener Filamente, Hardware-Kontrollen (Zahnriemen fester ziehen und/oder lockern, alle Winkel überprüfen, etc). Ab 50 mm/s wird die Druckqualität schnell schlechter – die Ursache konnte ich nicht ermitteln.
Was mir gefällt ist die Aufwärmphase. Durch die 24 V kommt der 3D-Drucker innerhalb von 2:30 Minuten auf 195/45 Grad. Trotz dem größeren, nicht isolierten Hotbed.
Die Buildtak-ähnliche Oberfläche macht einen guten Job. Die Drucke halten sehr gut, die jeweilige Unterseite ist sehr glatt und dennoch lassen sich die Drucke gut lösen. Die Drucklautstärke des Alfawise U20 ist mir zu hoch. Schuld ist der 24 V Bauteillüfter, der auf gut 74 bis 77 dB kommt. Das geht wesentlich leiser.
Das Hotend als solches ist übrigens keine Überraschung. Wie bei vielen China-3D-Druckern kommt ein von Creality3D geclontes Element zum Einsatz. Der Feeder ist ein MK8, den man schon x-mal gesehen hat. Hier hätte ich mir den E3D Titan oder den Clone von TEVO gewünscht.
Übrigens: Der Filamentsensor (inzwischen immer häufiger Standard) funktioniert tadellos, wobei die Nozzle bei mir mitten im Druck stehen blieb und (Gott sei Dank) nur das Infill angeschmolzen hat. Passiert das bei einer Wall, kann man den Druck dann doch neustarten.
Zudem ist die Sensor-Konstruktion nicht ganz durchdacht – man muss die Reste dann irgendwie aus dem Loch fummeln. Das bekommen andere Hersteller besser hin – mir gefällt z.B. die Lösung von Anycubic beim I3 MEGA, bei dem der Sensor durch einen Magneten etwa 5 cm vor dem Extruder-Stepper „hängt.
Übrigens – Nummer 2: Die Filamenthalterung ist fürn Ar***. Klappriges Plastik, kein Eigengewicht und mir mehrmals auseinander gefallen. Warum nicht wie beim CR-10 einen schönen Metallarm auf die Elektronikbox schrauben? Oder wie beim Alfawise U10 eine schön Kugellagerlösung (die mich positiv überrascht hat)?
Die zweite Z-Spindel habe ich übrigens nur bei sehr hohen Drucken vermisst. Bei kleineren Drucken reicht die eine Z-Rod locker. Aber auch hier nochmal der Vergleich zum Alfawise U10: Dieser hat zwei Z-Rods bzw. Stepper.
Je nach Qualitätsanspruch und Layerheight drucke ich aktuell mit 50-70 mm/s und bin „zufrieden“. Aber nur wegen der Druckqualität würde ich mir den U20 definitiv nicht kaufen wollen.
Fazit: Alfawise U20 kaufen?
Wie immer gehe ich nach dem Ausschlusskriterium vor: Ist der 3D-Drucker dir eigentlich zu groß bzw. du druckst nur kleinere Objekte? Dann nimm den sehr kleinen Creality Ender-2 (Druckraum 150 x 150 x 200 mm), oder den Anycubic I3 MEGA (210 x 210 x 205 mm). Wozu ein zu großes Druckbett heizen? Wozu so viel Platz wegnehmen? Zudem spart man den einen oder anderen Euro und gerade beim Anycubic I3 MEGA bekommt man einen wesentlich solideren 3D-Drucker!
Dir wird auch 300 x 300 x 400 mm nicht reichen? Dann nimm eine größere Creality CR-10 (4S oder 5S) Variante, oder den „großen Bruder“, den Alfawise U10. Als Monster wäre der TEVO Little Monster (Delta-3D-Drucker!) meine Empfehlung – kostet aber auch mit 600-700€ erheblich mehr.
Für wen ist denn der Alfawise U20 jetzt noch was? Für all diejenigen die in etwa den Bauraum von 300 x 300 x 400 mm nutzen wollen, keine großartigen Features benötigen und nicht viel Geld investieren wollen. Denn: für 30-50€ mehr gibt es den „originalen“ Creality CR-10, der zwar kein Touchscreen und Filamentsensor, aber die wesentlich größere (und bereits überzeugte!) Community um sich gescharrt hat. Zudem gefällt mir beim CR-10 die Druckqualität mehr.
Ihr merkt: Der Alfawise U20 ist nichts für mich. Der neue, unspektakuläre, Alfawise 3D-Drucker ist „okay“, es gibt keine „Showstopper“, man versucht sich halt über den günstigen Preis im Markt zu positionieren. Ich bleibe skeptisch, ob er das schafft.
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