Xiaomi SU7 Ersteindruck: So fährt sich der Tesla-Killer!
Im Rahmen des Launch-Events des Xiaomi Mix Flip und des Xiaomi Mix Fold 4 wurden wir vom Hersteller nach Peking eingeladen. Dort hatten wir die exklusive Möglichkeit nicht nur einmal mit dem Xiaomi SU7 Max zu fahren und sogar einen Einblick in die neu gebaute Produktionsstätte zu bekommen.
Inhalt
Xiaomi EV Factory: Hier wird der Xiaomi SU7 gebaut
Etwa 30 Minuten außerhalb Beijings im Südosten der Weltmetropole befindet sich die EV Factory von Xiaomi, bei welchem Ende April 2022 der Grundstein gelegt wurde. Nur 15 Monate später lief das erste Xiaomi SU7 E-Auto über das Band, was umso beeindruckender ist, wenn man sieht, wie riesig dieses Gelände ist. Neben dem Showroom, Büros, einem integrierten Starbucks und einer Teststrecke besteht das Areal zum Großteil aus unterschiedlichen Fertigungshallen. Wir haben nur einen Einblick in Halle 2 bekommen, wo der HyperCasting-Prozess stattfindet.
Unsere Smartphone-Kameras wurden abgeklebt, dann ging es in ein XXL-Golfkart mit geführter Tour eines Ingenieurs. Direkt zu Beginn konnten wir einen Blick auf das Highlight werfen: die Xiaomi HyperCasting 9100T. Diese 718 Tonnen schwere Maschine kann 3100 Tonnen Druck erzeugen und stanzt so 72 Teile per Druckgusstechnologie zu einem Bauteil zusammen.
Das Verfahren ist von Tesla inspiriert, Xiaomi bietet hier aber noch mal eine höhere Effizienz. Das spart 840 Schweißpunkte ein und trägt so enorm zur Effizienz der Anlage bei. Jedes Teil wird vorher innerhalb von 4 Sekunden gestanzt, das sind also 15 Karosserieteile in einer Minute.
Die Teile landen dann in der Qualitätskontrolle und binnen 2 Sekunden werden 28 Röntgenbilder angefertigt, auf denen man Qualitätsprobleme direkt erkennen können soll. Dieser natürlich KI-gestützte Prozess verspricht eine Genauigkeit von 99,9%. Fast genauso hoch ist der Automationsgrad der Xiaomi SU7 EV Factory: 91%. Dort „arbeiten“ beispielsweise 41 Roboter für die Montage und 269 Präzisionsroboter für Schweiß- oder Klebeverbindungen. Insgesamt sind es über 700 Roboter und nur 100 Menschen auf 720.000 Quadratmetern. Bei voller Produktion rollt hier alle 76 Sekunden ein SU7 über das Band!
Das hat sich Xiaomi bei ihrem ersten E-Auto gedacht
Angeschlossen an den Showroom, der gleichzeitig auch der größte Store für den SU7 in China ist, ist eine Art Museum, bei dem man die Entstehung des Autos nachvollziehen kann. Der wichtige erste Schritt dabei ist das Projekt Modena, benannt nach der italienischen Stadt. Es beschreibt den kompletten Unterbau des SU7 inklusive Akku. Eine einzelne Zelle davon konnte ich sogar in den Händen halten, gewundert hat mich aber, dass diese darin fest integriert sind. Xiaomi hat sich dazu nicht geäußert, wie leicht es ist, diese auszutauschen.
Über die Möglichkeit, das Auto leicht zu reparieren, macht sich der Hersteller aber schon Gedanken. Das ist besonders bei dem Heck zu erkennen, denn das ist grob in drei Teile aufgeteilt. Sollte man Geschädigter eines Auffahrunfalls sein, muss nur der hintere Teil des Heck-Unterbaus ausgetauscht werden. Vorausgesetzt der Aufprall erfolgte nur mit maximal 15 km/h. Bei bis zu 55 km/h müssen auch die Verbindungsstangen ausgetauscht werden und erst ab 90 km/h muss der komplette hintere Teil gewechselt werden.
Auch einen Blick auf die Motoren V6, V6s und V8s konnten wir werfen, zwei vom letzteren finden ihren Einsatz im neuen Xiaomi SU7 Ultra Prototype. Der Xiaomi HyperEngine V8s ist dabei der aktuell schnellste E-Motor auf dem Markt und verspricht 27.200 U/min, 578 PS und 635 Nm Drehmoment. Beim Xiaomi SU7 Max sind dabei immerhin 2,78 Sekunden für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h möglich. Spannend war auch das Smart Home-Szenario mit dem SU7, schließlich soll der getreu dem HyperOS-Motto „Human x Car x Home“ auch euer Zuhause steuern. Per Sprachbefehl kann man im Auto also schon mal die Klimaanlage anschalten, bevor man Zuhause eintrifft.
Eindruck vom Innenleben des Tesla-Killers
Der Showroom bot nicht nur einen Blick auf jede Farbe des SU7, sondern auch einen ersten Blick ins Innenleben. Schon auf dem MWC konnten wir uns den Mix aus Tesla Model 3 und Porsche Taycan von außen anschauen, hinein durfte keiner. Wir jetzt schon. Außen hui, innen pfui? Fehlanzeige. Eher „Außen Hui, innen schlicht“.
Xiaomis SU7 überzeugt eher durch Understatement, je nach Farbwahl. In der Basisausstattung bekommt man ein schwarz-graues Innenleben, wobei der große Bildschirm für HyperOS im Fokus steht. Das kann mit einigem an Zubehör erweitert werden, was im Falle der RGB LED Leisten links und rechts aber eher nach den schlechten Folgen von Pimp My Ride aussieht.
Darunter befindet sich die Mittelkonsole, die großzügig ist und eine Qi-Ladefläche für das Xiaomi 14 oder andere kabellos ladbare Handys bietet. Dazu kommt noch etwas Platz darunter inklusive Fach für die wahlweise ein Duftset oder Walkie Talkies – ist halt immer noch Xiaomi.
Der Großteil der Verkleidung wirkt hochwertig, gerade zum Beispiel mit rotem Leder im Interieur kam die Sportwagen-Ästhetik noch besser zur Geltung. Nur die Türinnenfächer unten waren mit Kunststoff verkleidet, was sich etwas „billiger“ angefühlt hat.
Das ist dann aber auch schon einer der größeren Kritikpunkte. Denn was man in meinen Augen auch bekommt, ist Platz. Der Xiaomi SU7 ist relativ geräumig, sowohl vorne als auch hinten. Einige Stauräume, eine ausfahrbare Mittelkonsole auf der Rückbank und zwei Kofferräume, hinten sogar mit 570 L Fassungsvermögen.
Das HyperOS Betriebssystem
Dreh- und Angelpunkt von Xiaomi soll HyperOS sein, was soviel wie „über“ heißt und über allen Produkten des Herstellers steht und diese vereint. So die Idee. Das erkennt man auch beim Auto an den Smart Home-Funktionen. Aber auch sonst bietet das HyperOS Betriebssystem auf dem Xiaomi SU7 einige Einstellungsmöglichkeiten. So lassen sich zum Beispiel der Ton der Lautsprecher, das Display, Fahrverhalten, die Sensoren, das Zubehör und noch vieles mehr einstellen. Leider ist das Betriebssystem erstmal nur auf Chinesisch, von daher konnte ich nicht Punkt für Punkt durchgehen.
Die ganze Benutzeroberfläche ist dabei in drei größere Widgets aufgeteilt, die anpassbar sind. So habt ihr zum Beispiel einen Blick auf die Navigation, Musik und die Sensorik. Die schien bei einer späteren Testfahrt durch Peking übrigens sehr genau und konnte Fahrradfahrer, Fußgänger und andere Objekte gut erkennen. Auch ist es möglich, dass das Auto eine Art Vogelperspektive des Autos triangulieren kann, um es von oben zu sehen. Die Darstellung der Ergebnisse in Echtzeit erinnert dabei insgesamt stark an Tesla.
So fährt sich der Xiaomi SU7
Dann ging es also das erste mal in einen fahrenden SU7, auf die Teststrecke direkt neben den Showroom. Leider durften wir nicht selbst fahren, hierfür wäre ein chinesischer Führerschein notwendig, das Unfall- und Versicherungsrisiko wollte der Hersteller verständlicherweise nicht eingehen. Türe auf, hinten auf die Rückbank zwischen zwei weitere Journalisten geklemmt, Kamera ausgerichtet, gerade angeschnallt und Vollgas. Die Beschleunigung von 0 auf 100 mit eigener Animation auf dem Display hat mich förmlich in den Sitz gepresst, ich habe mir sogar leicht den Kopf hinten gestoßen.
Ich persönlich habe so eine Beschleunigung im Auto noch nie erlebt und war sehr überrascht. Auch andere Creator, die selbst einen Tesla fahren, waren von der Geschwindigkeit überrascht. Dem lieben Gene ist sogar ein bisschen übel geworden, trotz Erfahrung in solchen Beschleunigungstests in einem Porsche oder Tesla. Kann auch an dem Hotelfrühstück gelegen haben – wer weiß.
Abseits der Beschleunigung wurden wir natürlich auch noch in ein paar Kurven der 2,5 km langen Teststrecke geworfen. Das Fahrverhalten fühlte sich sportlich an, wobei man das von hinten natürlich nur eingeschränkt beurteilen kann. Der Fahrer hatte auf jeden Fall sichtlich Spaß, vermutlich hat er den Fahrmodus auf „Sport“ eingestellt.
Spontan konnte ich mir noch einen Platz in einer zweiten Testfahrt mit Startpunkt vom Xiaomi Headquarter in Peking sichern. Diesmal konnte ich auf dem Beifahrersitz Platz nehmen und einen genaueren Blick auf das Fahren mit dem SU7 werfen. Der ist wie die bei E-Autos so üblich auf jeden Fall sehr leise und wirkte dann doch futuristischer als zunächst angenommen. Das liegt vor allem an dem großen Sichtfeld des SU7 mit Panorama-Glasdach. Dazu hat man gerade vorne viel Komfort, mit großzügiger Armlehne und viel Platz für die Beine.
Xiaomi SU7 in Deutschland möglich?
Der Xiaomi SU7 ist Xiaomis erstes E-Auto und das rückt meine gesammelten Eindrücke noch mal in ein ganz anderes Licht. Unabhängig von der Marke, dem Preis und der Historie würde ich es als zugegebener E-Auto-Neuling, für den Autos in erster Linie ein Transportmittel sind, als rundum gelungenes Automobil einordnen. Eine sportliche Ästhetik mit viel Farbauswahl trifft auf Praktikabilität. Denn der SU7 hat Platz, zwei Kofferräume und viele Staufächer. Dazu kommt ein modernes Betriebssystem und einiges an Zubehör, das man teilweise auch als Gimmick einstufen kann (Stichwort „Karaokemaschine“).
Berücksichtigt man dann, dass Xiaomi eigentlich zum Großteil ein Smartphone-Hersteller ist und der SU7 das erste Modell ist, dann ist das noch beeindruckender. Ich habe bei Aufkommen der ersten Gerüchte zum Xiaomi E-Auto fest angenommen, dass sie sich ein günstiges E-Auto bei BYD oder einem anderen chinesischen Hersteller einkaufen, das Xiaomi-Logo aufkleben und vielleicht noch „MIUI for Car“ (an HyperOS war noch nicht zu denken) aufspielen.
Genau das Gegenteil ist der Fall: Xiaomi macht fast alles selbst. Sie stampfen eine Hyper Factory (Wortspiel beabsichtigt) aus dem Boden, produzieren Akku, Motor, Betriebssystem und vieles mehr selbst und bringen den SU7 zum absoluten Kampfpreis von umgerechnet 28.000€ auf den Markt. Natürlich bisher nur in China, aber da Xiaomi CEO Lei Jun in den nächsten 15 bis 20 Jahren zu den fünf größten Autoherstellern weltweit zählen möchte, darf Europa und Deutschland nicht fehlen. Die Frage danach konnte ich mir im Interview nicht verkneifen. Eine definitive Aussage wollte man nicht machen, immerhin kam aber der Hinweis das so ein Prozess sicherlich „2 oder 3 Jahre“ dauern würde.
Meine Zeit mit dem SU7 ist für ein Testfazit natürlich viel zu kurz, aber sollte der SU7 auf den deutschen Straßen landen, kann ich jedem nur empfehlen zumindest eine Testfahrt zu buchen.
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